Rz. 2

Für die Arzneimittelversorgung im Krankenhaus, egal ob die Behandlung stationär, teilstationär oder ambulant durchgeführt wird, gelten grundsätzlich andere Wirtschaftlichkeitsmaßstäbe als in der vertragsärztlichen oder -zahnärztlichen Versorgung. Dies beginnt damit, dass leitende Krankenhausärzte und der Leiter der Krankenhausapotheke in der Arzneimittelkommission des Krankenhauses sich meist auf eine Medikamentenliste verständigen, welche die Krankenhausapotheke bei der Bestellung der üblicherweise eingesetzten Arzneimittel zugrunde legt. Die Krankenhausapotheke ist dabei die Funktionseinheit eines Krankenhauses, der die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung von einem oder mehreren Krankenhäusern mit Arzneimitteln obliegt. Für Krankenhausapotheken gilt nicht die gesetzliche Arzneimittelpreisverordnung, so dass sie aufgrund ihrer großen Bestellmengen an benötigten Arzneimitteln bessere Preise erzielen können. Darüber hinaus gewährt die Pharmaindustrie den Krankenhäusern nicht selten Naturalrabatte, weil sie darauf hofft, dass die im Krankenhaus eingesetzten Medikamente vom nachbehandelnden Vertragsarzt weiter verordnet werden. Deshalb kann z.B. ein Originalpräparat im Krankenhaus preisgünstiger sein als dasselbe Originalpräparat oder auch ein wirkstoffgleiches Generikum, welches die öffentliche Apotheke liefert. Obwohl das Krankenhaus eine aus seiner Sicht durchaus wirtschaftliche Arzneimitteltherapie betreibt, stellt sich die Wirtschaftlichkeitsfrage grundlegend anders, wenn der Patient aus der Krankenhausbehandlung entlassen wird. Für den weiterbehandelnden Vertragsarzt gelten die Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 6, die ihm die wirtschaftliche Verordnungsweise bezogen auf die Arzneimittel aus öffentlichen Apotheken vorgeben. In der Regel sind Generika preisgünstiger, wobei es auch noch innerhalb der wirkstoffgleichen Generika teilweise deutliche Preisunterschiede gibt. Würde das Krankenhaus – wie bisher noch oft üblich – auf dem Entlassungsbericht oder dem ärztlichen Kurzbericht, die in der Regel auch der Patient einsehen kann, das Originalpräparat als Mittel der Wahl für die Nachbehandlung angeben, bekäme der nachbehandelnde Vertragsarzt unnötig Probleme, wenn er seinen Patienten auf ein wirkstoffgleiches, die Qualität sicherndes, preisgünstigeres und damit wirtschaftliches Medikament umstellen will.

Der Krankenhausarzt als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses ist jetzt im Regelfall verpflichtet, beim erforderlichen Arzneimitteltherapievorschlag für die ambulante Nachbehandlung den Wirkstoff anzugeben. Gibt es mehrere preisgünstigere Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung, hat das Krankenhaus mindestens einen preisgünstigeren Therapievorschlag zu unterbreiten. Diese gesetzliche Verpflichtung erstreckt sich auf alle Behandlungsformen im Krankenhaus (ambulant, teilstationär oder stationär) und wird unter anderem dazu führen, dass sich die Krankenhausärzte mit der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auseinandersetzen müssen, was bisher eher Ausnahme als Regel war. Dieses Auseinandersetzen kann im Übrigen ein sehr sinnvoller Baustein für die Einführung der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. sein, in die sich bekanntlich auch die Krankenhäuser einbinden können.

 

Rz. 3

Waren im Gesetzentwurf ursprünglich keine Ausnahmen vorgesehen, ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Satz 3 angefügt worden, der von Sätzen 1 und 2 abweichende Regelungen zulässt. Ein Abweichen ist danach erlaubt, wenn es sich um einen medizinisch begründeten Ausnahmefall handelt, bei dem auch der nachbehandelnde Vertragsarzt die Verordnung des während der Krankenhausbehandlung verabreichten Medikaments aus medizinischen Gründen für vertretbar hält. Die Vertragärzte werden über ihre KV und die Krankenkassen sorgfältig beobachten müssen, ob die Krankenhäuser ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen oder ob versucht wird, diese Verpflichtung durch die häufige Anwendung der Ausnahmeregelung zu unterlaufen.

Der ab 1.5.2006 gültige Abs. 2 verfolgt ebenfalls das Ziel, dass Patienten bei der Entlassung aus dem Krankenhaus solche Arzneimittel erhalten, die in der vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Die Krankenhäuser sind jetzt verpflichtet, sich mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot der Arzneimittelgabe der vertragsärztlichen Versorgung auseinanderzusetzen und bei der Entlassung dem Patienten die Arzneimittel zu geben, die i.S.d. vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen die im Krankenhaus begonnene Arzneimitteltherapie in der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung für einen längeren Zeitraum, bei chronischen Erkrankungen u.U. lebenslang fortgesetzt werden muss. Die Verpflichtung des Krankenhauses entfällt allerdings, wenn aufgrund der Umstellung im Einzelfall eine Beeinträchtigung der Behandlung oder eine ...

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