Rz. 43

Abs. 4 enthält die Vorgaben formale und inhaltliche für die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Mit den gesetzlichen Vorgaben, die zum Teil sehr konkret gehalten sind, wird gewährleistet, dass alle Zulassungsausschüsse im Bundesgebiet bei der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens in gesperrten Planungsbereichen möglichst einheitlich verfahren. Eine Bewerberauswahl kann auch nach einer Entsperrung des Plangebietes oder im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung stattfinden (Pawlita, in: jurisPK-SGB V, § 103 Rz. 226).

2.6.1 Formale Erfordernisse

 

Rz. 44

Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, dem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, ist zunächst die zuständige KV nach Abs. 4 Satz 1 verpflichtet, in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern den betreffenden Vertragsarztsitz (ggf. Psychotherapeutensitz) unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen anzufertigen. Die offizielle Ausschreibung bietet somit allen interessierten Ärzten/Psychotherapeuten zeitgleich die Möglichkeit, sich um den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Planungsbereich mit angeordneten Zulassungsbeschränkungen zu bewerben. Dies gilt auch bei hälftigem Verzicht oder hälftiger Entziehung der Zulassung(Abs. 4 Satz 2), wobei hier das Interesse der dafür infrage kommenden Bewerber jedoch anders liegen dürfte als das Interesse der Bewerber für eine Vollzulassung. In der Ausschreibung hat die KV neben den erforderlichen Bewerbungsbedingungen u. a. eine Bewerbungsfrist vorzusehen, damit sie die Bewerberliste mit Fristablauf erstellen kann. Die Bewerbungsfrist ist von der ausschreibenden Behörde, also der KV, und nicht vom Zulassungsausschuss zu setzen. Da es sich nicht um eine gesetzliche Frist handelt, kann deren Nichteinhaltung nicht als Ausschlussfrist angesehen werden (Pawlita, in: jurisPK-SGB V, § 103 Rz. 201). Dies beschleunigt die Entscheidung über die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens, was sowohl der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten als auch den Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben dient.

 

Rz. 45

Mit Wirkung zum 1.1.2020 waren in Abs. 4 Satz 2 die Wörter "oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Abs. 2 Satz 5" gestrichen worden. Die Streichung ist erfolgt, weil nach Abs. 2 Satz 4 die zuständigen obersten Landesbehörden ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planbereichs bestimmen können, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von etwaigen Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind. In den von den Ländern bestimmten Gebieten, Arztgruppen und Fachrichtungen besteht dann eine uneingeschränkte Niederlassungsfreiheit, sodass nach der Gesetzesbegründung die Folgeregelung zur KV-Ausschreibung der zusätzlich festgelegten Zulassungsmöglichkeiten zu streichen war.

 

Rz. 46

Nach Abs. 4 Satz 3 hat die KV dem Zulassungsausschuss, dem Vertragsarzt oder seinen Erben die Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Damit erhalten die Beteiligten erste Kenntnisse über die Bewerber sowie ein Bild über deren ärztliche Qualifikation oder Versorgungsschwerpunkte.

2.6.2 Inhaltliche Kriterien

 

Rz. 47

Unter mehreren Bewerbern, welche die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (Abs. 4 Satz 4). Nach Satz 5 sind bei der Auswahl der Bewerber folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. die berufliche Eignung,
  2. das Approbationsalter,
  3. die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
  4. eine mindestens 5 Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
  5. ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
  6. ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
  7. ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, die in der Ausschreibung der KV definiert worden sind,
  8. Belange von Menschen mit Behinderung bei Zugang zur Versorgung (Barrierefreiheit),
  9. bei MVZ die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften (Gemeinschaftspraxen) mit einem besonderen Versorgungsangebot.

Berücksichtigung der vorgenannten gesetzlichen Kriterien bedeutet, dass zuerst die nach Abs. 3a privilegierten Bewerber zu berücksichtigen sind (vgl. Kriterien Nr. 5, 6 i. V. m. Nr. 1, danach Nr. 7). Die übrigen Kriterien sind demgegenüber nachrangig zu berücksichtigen, wobei aber im Einzelfall die Reihenfolge ihrer Berücksichtigung in Bezug auf die ausgeschriebene Arztstelle eine gewisse Rolle spielen kann. Ergänzt werden die Kriterien um die Warteliste des Abs. 5, die systematisch in diesem Absatz hätte verortet wer...

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