Rz. 9

Eine weitere mögliche Steuerung hin zu dem nach Abs. 1 Satz 1 vereinbarten preisgünstigen Arzneimittel enthält Abs. 3. Danach können die Krankenkassen oder ihre Verbände mit Ärzten, Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) oder ärztlichen Verbänden Regelungen zur bevorzugten Verordnung des nach Abs. 1 Satz 1 vereinbarten Arzneimittels treffen. Eine bevorzugte Verordnung der in kassenspezifischen Selektivverträgen mit pharmazeutischen Unternehmern vereinbarten Arzneimittel setzt voraus, dass die verordnenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzte bzw. die KVen Vorteile haben, wenn diese Arzneimittel bevorzugt verordnet werden. Nach Abs. 3 Satz 1 können solche Regelungen zwischen den Krankenkassen oder ihren Verbänden mit Ärzten, KVen oder Verbänden von Ärzten auf der Basis der Arzneimittelvereinbarung nach § 84 Abs. 1 Satz 5 (z. B. Zielvereinbarungen mit Bonuszahlung an die KV) getroffen werden. In diesem Zusammenhang könnte z. B. auch die "Wirkstoffvereinbarung nach § 106 Abs. 1 SGB V" zwischen der KV Hamburg und allen gesetzlichen Krankenkassen in Hamburg eine analog denkbare Option sein, mit der die Einhaltung der vertraglichen Ausgabenobergrenze für Arzneimittel unter Berücksichtigung der ärztlichen Therapiefreiheit verfolgt wird. Der Schwerpunkt dieser Vereinbarung bezogen auf die Wirkstoffauswahl und Wirkstoffmenge im jeweiligen Anwendungsgebiet liegt in der Steuerung und Beratung. Gleichwohl ist eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise bei Nichterreichen von in dieser Vereinbarung genannten Zielvereinbarungen vorgesehen, was aber für eine mögliche Regelung nach Abs. 3 keine Bedeutung haben sollte, wenn diese Arzneimittel als Praxisbesonderheiten gelten. Ggf. wären für die Selektivverträge auch Vereinbarungen nach Abs. 1 im Rahmen der besonderen Versorgung nach § 140 eine sinnvolle Sache, von der unter Umständen auch die ärztlichen Teilnehmer eines Versorgungsvertrages nach § 140 profitieren könnten. Neben der möglichen Anerkennung der Arzneimittelverordnungen als Praxisbesonderheiten bei den ärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach §§ 106 bis 106c können Gegenstand der Vereinbarung nach Abs. 3 die Voraussetzungen zur Gewährleistung von Zweckmäßigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der bevorzugten Arzneimittel im Rahmen der ärztlichen Verordnung sein. Das eine bedingt das andere, sodass im Zusammenhang mit den vereinbarten Praxisbesonderheiten zwangsläufig auch die vorgenannten Voraussetzungen zu vereinbaren sind (vgl. dazu auch Abs. 4).

In der Ausschreibung für eine geplante Vereinbarung nach Abs. 1 muss auch deutlich werden, inwiefern bzw. mit wem die Krankenkassenseite eine Steuerung zur bevorzugten Verordnung vereinbarter Arzneimittel mit welchen Inhalten plant, sodass der pharmazeutische Bewerber um die Ausschreibung ggf. Rückschlüsse daraus ziehen kann, ob die vorgesehene Arzneimittelsteuerung über vermehrte Arzneimittelverordnungen zu einer möglichen Umsatzsteigerung bei dem mit ihm vertraglich vereinbarten Arzneimittel führt.

 

Rz. 10

Der pharmazeutische Unternehmer wird z. B. bedenken, ob er das neue, nicht festbetragsgebundene Arzneimittel so produzieren kann, dass eine problemlose Versorgung der unter Umständen zahlreichen Versicherten auf der Krankenkassenseite mit dem Arzneimittel möglich ist und ob die Bundesvereinbarung oder die Festsetzung des Erstattungsbetrages durch die Schiedsstelle nach § 130b für ihn auf dem Arzneimittelmarkt und im Verhältnis zu konkurrierenden pharmazeutischen Unternehmern mehr Nachteile bringt, als eine ergänzende freiwillige Vereinbarung auf Krankenkassenebene Vorteile bringen könnte.

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