Rz. 8

Die Vorschrift enthält ein Angebot an Menschen mit geistiger Behinderung, welches sie im Rahmen ihrer ambulanten ärztlichen Behandlung wahrnehmen können. Ihr Recht auf freie Arztwahl wird dadurch aber keineswegs eingeschränkt. Geistige Behinderung geht oft einher mit neurologischen, orthopädischen, psychiatrischen oder allgemeinmedizinischen Krankheiten. Kennzeichen der Medizin geistig behinderter Menschen bleibt die Häufung mehrerer Zusatzerkrankungen und damit verbunden eine Mehrfachtherapie wie z.B. bei Epilepsien oder psychiatrischen Erkrankungen. Besonders auffällig sind Häufungen bestimmter Begleiterkrankungen wie Seh- und Hörstörungen, Reflux von Magensaft, Zahnprobleme, orthopädische Probleme und psychische Störungen, die in der Normalbevölkerung viel seltener auftreten. Die behandelnden Ärzte müssen diese Komorbidität kennen und ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität der geistig behinderten Patienten einschätzen. Nicht selten macht eine fehlende oder eingeschränkte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit umfangreiche und apparative Untersuchungen sowie eine enge Zusammenarbeit mit Angehörigen und Betreuern notwendig.

 

Rz. 9

Nach Satz 2 ist die ambulante Behandlung in Einrichtungen der Behindertenhilfe auf solche Versicherten auszurichten, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung auf die ambulante Behandlung in diesen Einrichtungen angewiesen sind. Daran wird deutlich, dass die ambulante ärztliche Behandlung in Einrichtungen der Behindertenhilfe der vertragsärztlichen Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte nachgeordnet bleibt. Sie soll die vertragsärztliche Behandlung ergänzen, jedoch nicht ersetzen, wobei der Maßstab für ein Tätigwerden der Einrichtung sich individuell am Grad der Behinderung ausrichtet. Nach der Gesetzesbegründung soll die Einrichtung jedoch auch aus Gründen der wohnortnahen Versorgung der Menschen mit geistiger Behinderung in Anspruch genommen werden können, so dass im Einzelfall geklärt werden muss, wie die wohnortnahe Versorgung durch niedergelassene, auf Menschen mit geistiger Behinderung spezialisierte Vertragsärzte geregelt ist. Leben die geistig behinderten Menschen in der Einrichtung der Behindertenhilfe, spricht dies oft dafür, dass eine Ermächtigung der Einrichtung sinnvoll sein dürfte.

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