Leitsatz

Ein Softwareentwickler ohne förmlichen Berufsabschluss der Ingenieurwissenschaften ist nach Meinung des FG München nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig (= kein "ingenieurähnlicher" Beruf). Das Gegenteil hätte nur eine Wissensprüfung beweisen können, die der klagende Entwickler aber abgelehnt hatte.

 

Sachverhalt

Ein versierter Softwareentwickler betrieb ein Einzelunternehmen auf dem Gebiet der Informationstechnologie. Sein Schwerpunkt lag im Bereich der Planung, Erstellung und des Verkaufs von Netzwerkinfrastruktur und bestimmter Expertensoftware. Er selbst verfügte über kein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium. Fraglich war nun, ob seine Tätigkeit gewerblich (= gewerbesteuerpflichtig) oder freiberuflich (= nicht gewerbesteuerpflichtig) war.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG war der Softwareentwickler gewerblich tätig, sodass er der Gewerbesteuer unterlag.

Eine Einordnung als freiberufliche "ingenieurähnliche Tätigkeit" (= dem Katalogberuf des Ingenieurs i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ähnliche Tätigkeit) setzt voraus, dass die Tätigkeit sowohl in der Ausbildung als auch in der beruflichen Tätigkeit mit der Ingenieurtätigkeit vergleichbar ist. Im vorliegenden Fall scheiterte es am "Ausbildungsvergleich", da der Softwareentwickler nicht nachweisen konnte, dass er über ein Wissen verfügte, dass in Tiefe und Breite mit der Ausbildung eines Ingenieurs vergleichbar ist. Zunächst einmal steht unstreitig fest, dass der Softwareentwickler keinen förmlichen Berufsabschluss der Ingenieurswissenschaften hat. Er konnte allerdings auch nicht nachweisen, dass er sich ein entsprechendes Wissen im Selbststudium angeeignet hatte. Denn hierfür fehlte es insbesondere an entsprechenden Fortbildungsbelegen; auch das behauptete Durcharbeiten von 110 Fachbüchern schien dem Gericht unglaubwürdig. Ein ingenieurähnliches Wissen ergab sich schließlich auch nicht aus den vorgelegten Arbeitsproben, die das Gericht durch einen Sachverständigen hatte prüfen lassen.

 

Hinweis

Als letzte Möglichkeit zum Nachweis der Freiberuflichkeit hatte das Gericht dem Entwickler eine Wissensprüfung vorgeschlagen, die dieser jedoch abgelehnt hatte. Diese Weigerung ging zu seinen Lasten, da er mit seiner Klage steuermindernde Tatsachen geltend gemacht hatte.

Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VIII R 4/13 anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 27.11.2012, 2 K 2146/10

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