6.1.1 Harmonisierung des Vorsteuerabzugs

 

Rz. 1100

Im Zuge ihres Arbeitsprogramms mit einem Zeitplan für Vorschläge zur Einführung des endgültigen Mehrwertsteuersystems in der EU hatte die EU-Kommission dem Rat am 17.6.1998 einen neuen Vorschlag zur Harmonisierung des Vorsteuerabzugsrechts[1] zugeleitet, der sich in zwei Komplexe aufteilte. Dieser Vorschlag war jedoch aufgrund eines neuen Ansatzes wieder zurückgezogen worden.[2] Der Richtlinienvorschlag v. 17.6.1998 sah im ersten Teil die Abschaffung des Vorsteuervergütungsverfahrens gegenüber EU-Unternehmern nach der 8. EG-Richtlinie[3] vor. Der zweite Teil schlug die immer noch ausstehende Harmonisierung des Vorsteuerabzugsrechts für bestimmte Ausgaben vor.

[1] BR-Drs. 668/98.
[2] ABl. EU 2006 Nr. C 64/3.

6.1.2 Reiseleistungen, Sonderregelung für Reisebüros

 

Rz. 1101

Die EU-Kommission hatte dem Rat am 8.2.2001 den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Sonderregelung für Reisebüros[1] vorgelegt. Darin wird eine Änderung der derzeit geltenden Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen und den Abbau derzeit noch bestehender Übergangsregelungen in diesem Bereich zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen in der EU und im Verhältnis zu Drittstaaten angestrebt.

 

Rz. 1102

Nach der geltenden Rechtslage in Art. 306ff. MwStSystRL erfolgt die Besteuerung von Reiseleistungen nach der sog. Margenbesteuerung (vgl. dazu im Einzelnen Abschn. 2.3.14.4).

 

Rz. 1103

Die geltende Regelung hat insbesondere Bedeutung für die Veranstalter von Pauschalreisen. Darüber hinaus gilt sie aber für alle Unternehmer, die Reiseleistungen erbringen, ohne Rücksicht darauf, ob dies allein Gegenstand des Unternehmens ist. Dabei ist es auch nicht erforderlich, dass der Unternehmer ein Bündel von Einzelleistungen erbringt. Eine Reiseleistung i. S. d. Vorschrift liegt vielmehr auch dann vor, wenn der Unternehmer nur eine Leistung erbringt (z. B. Vermietung von Ferienwohnungen ohne Anreise und Verpflegung).

 

Rz. 1104

Die geltende unionsrechtliche Regelung fand im nationalen Recht bis 17.12.2019 ausdrücklich nur dann Anwendung, wenn die Reiseleistung gegenüber einem privaten Reisenden erbracht wird. Sie fand keine Anwendung, soweit Reiseleistungen eines Unternehmers für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind. Danach unterlagen insbesondere sog. "Kettengeschäfte" in den jeweiligen Vorstufen nicht der Margenbesteuerung, sondern den allgemeinen Vorschriften. Allerdings hatte der EuGH[2] entschieden, dass Deutschland sowohl durch den Ausschluss von B2B-Umsätzen aus der Differenzbesteuerung für Reiseleistungen, als auch durch die Zulässigkeit einer Gruppen- oder Gesamtmargenregelung seine Verpflichtungen aus der MwStSystRL verstoßen hat. Schon in seinem Urteil v. 26.9.2013[3] hatte der EuGH festgestellt, dass die Sonderregelung nicht nur auf Leistungen an private Endverbraucher, sondern auch auf Leistungen an Unternehmer anzuwenden sei. Den Mitgliedstaaten stehe es nicht frei, sie auf Erstere zu beschränken. Die EuGH-Rechtsprechung wurde durch Änderung des § 25 UStG zum 18.12.2019 in nationales Recht umgesetzt.

 

Rz. 1105

Die wesentlichste Änderung gegenüber dem geltenden Recht, die mit dem o. g. Richtlinienvorschlag (inhaltlich nunmehr durch die vorgenannte EuGH-Rechtsprechung bestätigt) verfolgt wird, liegt darin, die Margenbesteuerung auf Reiseleistungen zwischen Unternehmern auszudehnen. Im Hinblick auf die Wettbewerbssituation zwischen Reiseveranstaltern, die innerhalb der EU ansässig sind, und Reiseveranstaltern, die im Drittlandsgebiet ansässig sind, schlägt die EU-Kommission eine Ortsverlagerung für die durch Drittlandsunternehmer erbrachten Reiseleistungen vor, wenn die Reise innerhalb der EU stattfindet. Abweichend von der Grundregelung (Besteuerung am Sitzort des Reiseveranstalters) soll die Besteuerung in diesen Fällen am Sitzort des Kunden (Privatperson oder Unternehmer) erfolgen. Dadurch soll vermieden werden, dass Reiseveranstalter im Drittland bei Leistungen an Abnehmer in der EU ohne USt und damit günstiger anbieten können. Eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ist auch dann nicht vorgesehen, wenn dieser Unternehmer ist. Ferner soll die Bemessungsgrundlage für die Margenbesteuerung der Reiseleistung genauer definiert werden.

 

Rz. 1106

Die EU-Kommission ist in ihrem Richtlinienvorschlag, was die Erweiterung der Margenregelung auf zwischenunternehmerische Reiseleistungen betrifft, indirekt durch den EuGH bestätigt worden. Der EuGH[4] hat entschieden, dass die Anwendung der Margenregelung für Reiseleistungen auf alle Arten von Kunden, nicht nur für Reisende, möglich ist.

 

Rz. 1107

Die EU-Kommission hat am 21.2.2003 dem Rat einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Sonderregelung für Reisebüros und den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MWSt) hinsicht...

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