Rz. 33

Beim sog. Factoring (Ankauf von Forderungen durch einen spezialisierten Unternehmer – Factor ist meist eine Bank oder ein sog. Factoring-Institut – von einem die Forderung besitzenden Unternehmer gegen einen unter dem Nominalwert der Forderung liegenden Preis) ist zwischen dem sog. unechten Factoring und dem echten Factoring zu unterscheiden. Das echte Factoring unterscheidet sich von den als unechtes Factoring bezeichneten Geschäften dadurch, dass der Factor das Risiko eines Ausfalls der erworbenen Forderungen übernimmt, während beim unechten Factoring das Ausfallwagnis beim Anschlusskunden verbleibt.

 

Rz. 34

Der BFH hat zum sog. unechten Factoring – bei dem der Factor das Risiko des Forderungsausfalls nicht übernimmt – entschieden, dass der Factor eine Mehrheit von steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen erbringe, sodass die insgesamt in Rechnung gestellten Factoring-Gebühren aufgeteilt werden müssten. Der Unternehmer könne daher – beim unechten Factoring – für die in der Bevorschussung liegende Leistung des Forderungskäufers, für die vom Anschlusskunden gesondert Zinsen zu entrichten sind, nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG Steuerbefreiung in Anspruch nehmen.[1] Das soll nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung auch für das echte Factoring gelten.[2] Diese Auffassung dürfte allerdings allenfalls in besonders gelagerten Einzelfällen zum Tragen kommen, wenn im Rahmen eines echten Factoring (mit Übernahme der Forderungseinziehung und des Ausfallrisikos) überhaupt eine Kreditgewährungsleistung des Factors vorliegen sollte.

 

Rz. 35

Der EuGH hat mit seinem Urteil v. 26.6.2003[3] entschieden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer (Factor), der Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos aufkauft und seinen Kunden (Anschlusskunden) dafür eine Gebühr berechnet, eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. d. Art. 2 und 4 der 6. EG-Richtlinie (Leistung im wirtschaftlichen Sinne) ausführt, sodass er die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen hat und daher gem. Art. 17 der 6. EG-Richtlinie zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Weiterhin stellt diese wirtschaftliche Tätigkeit eine Einziehung von Forderungen i. S. v. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-Richtlinie dar und ist damit von der mit dieser Bestimmung eingeführten Steuerbefreiung ausgeschlossen. Darüber hinaus können nach Auffassung des EuGH das echte Factoring und das unechte Factoring sowohl hinsichtlich der Unternehmereigenschaft des Factors als auch hinsichtlich der Steuerpflicht der Factoringleistung nicht ungleich behandelt werden. Der BFH hat sich mit Folgeurteil v. 4.9.2003[4] dieser Rechtsauffassung angeschlossen und ergänzend ausgeführt, dass beim echten Factoring umsatzsteuerrechtlich keine Umsätze des Anschlusskunden an den Factor, sondern Umsätze des Factors an den Anschlusskunden vorliegen und diese als Einzug von Forderungen i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerpflichtig sind sowie nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen.

 

Rz. 36

Der Forderungskauf, bei dem der Forderungseinzug durch den Forderungskäufer in eigenem Namen und für eigene Rechnung erfolgt, ist wie folgt zu beurteilen:

  • Im Fall des echten Factoring liegt eine unternehmerische Tätigkeit des Forderungskäufers (Factor) vor, wenn seine Dienstleistung im Wesentlichen darin besteht, dass der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) von der Einziehung der Forderung und dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet wird.
  • Im Fall des unechten Factoring (der Anschlusskunde wird aufgrund eines dem Factor zustehenden Rückgriffsrechts bei Ausfall der Forderung nicht vom Ausfallrisiko der abgetretenen Forderung entlastet) gilt das Gleiche, wenn der Factor den Forderungseinzug übernimmt.

Leistung des Forderungsverkäufers: Beim Forderungskauf mit Übernahme des tatsächlichen Einzugs und ggf. des Ausfallrisikos durch den Forderungskäufer erbringt der Forderungsverkäufer mit der Abtretung seiner Forderung keine Leistung an den Factor. Vielmehr ist der Anschlusskunde Empfänger einer Leistung des Factors. Die Abtretung seiner Forderung vollzieht sich im Rahmen einer nicht steuerbaren Leistungsbeistellung.

Leistung des Forderungskäufers: Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung des Factors besteht im Wesentlichen im Einzug von Forderungen. Die Factoringleistung fällt in den Katalog der Leistungsbeschreibungen des § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG; die Leistung ist von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ausgenommen und damit grundsätzlich steuerpflichtig. Eine ggf. mit der Factoringleistung einhergehende Kreditgewährung des Factors an den Anschlusskunden ist regelmäßig von untergeordneter Bedeutung und teilt daher als unselbstständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung.

 

Rz. 37

Eine Factoringleistung liegt in den Fällen nicht vor, in denen ein Forderungskauf ohne Übernahme des tatsächlichen Forderungseinzugs durch den Forderungskäufer stattfindet. In diesen Fällen übt der Forderungskäufer unabhängig davon, ob ihm ein Rückgriffsrecht gegen den Forderungsverkäufer zusteht oder nicht, zwa...

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