6.1 Begriff des Reisebüros

 

Rz. 67

Der Begriff des Reisebüros ist nicht näher definiert. Er ist aber von dem des Reiseveranstalters zu unterscheiden. Nach § 651a Abs. 1 BGB ist ein Reiseveranstalter jemand, der durch einen (Pauschal-)Reisevertrag verpflichtet wird, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der Reiseveranstalter schuldet also eine Gesamtheit von Reiseleistungen. Demgegenüber steht das Reisebüro, das lediglich vermittelnd tätig wird, außerhalb des Reisevertrags.[1] Da Vermittlung ein Handeln in fremdem Namen und für fremde Rechnung voraussetzt, sind Reisebüros Handelsvertreter i. S. d. § 84 HGB.

 

Rz. 68

Als Reisebüro kann jedes Unternehmen angenommen werden, das die Tätigkeit eines Reisebüros ausübt, auch wenn es sich nicht ausdrücklich als Reisebüro bezeichnet. Reiseunternehmen können – zivilrechtlich – als Erbringer von Reiseleistungen in eigener Verantwortung tätig werden, wobei sie sich Dritter als Leistungsträger bedienen können. Sie können aber auch bloß Vermittler solcher Reiseleistungen sein. Welche Art von Tätigkeit vorliegt, hängt vom Inhalt und den weiteren Umständen der Vertragsverhandlungen ab. Hierbei ist nach § 651a BGB entscheidend darauf abzustellen, wie das Reiseunternehmen aus der Sicht des Reisenden auftritt. Das Zusammenstellen von Einzelleistungen verschiedener Anbieter zu einer individuellen, auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenen Reise führt nicht zwangsläufig dazu, dass ein Reisebüro als Reiseveranstalter i. S. d. BGB zu qualifizieren ist; hierfür streitet weder ein Erfahrungssatz noch eine gesetzliche Auslegungsregel.[2]

[1] Soergel-Eckert, § 651a BGB Rz. 29.
[2] BGH v. 30.9.2010, Xa ZR 130/08, NJW 2011, 599.

6.2 Ort der Vermittlungsleistungen von Reisebüros

 

Rz. 69

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG erstreckt sich grundsätzlich auch auf steuerbare Vermittlungsleistungen der Reisebüros. Deren Vermittlungsleistungen können im Prinzip in drei Arten unterteilt werden:

  • Vermittlung von Reiseleistungen für Reiseveranstalter i. S. d. § 25 UStG,
  • Vermittlung von Einzelleistungen, die Bestandteile einer Reise sind, wie z. B. Personenbeförderungen[1],
  • Vermittlung von Umsätzen, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden.[2]
 

Rz. 70

Erbringen Reiseveranstalter Reiseleistungen im eigenen Namen i. S. d. § 25 Abs. 1 UStG, bestimmt sich der Ort der Reiseleistungen nach § 3a Abs. 1 UStG, also nach dem Sitz des Reiseveranstalters oder nach einer Betriebsstätte, von der aus die Reiseleistung erbracht wird. Das gilt auch dann, wenn sich die jeweilige Reiseleistung ausschließlich aus einer oder mehreren der in § 4 Nr. 5 S. 1 Buchst. b und c UStG bezeichneten Leistungen zusammensetzt. Die Vermittlung einer solchen Reiseleistung durch ein Reisebüro gegenüber einem Reiseveranstalter wird nach § 3a Abs. 2 UStG dort erbracht, wo der Reiseveranstalter sein Unternehmen betreibt oder wo sich dessen Betriebsstätte befindet, also grundsätzlich an dem Ort, von dem die Reiseleistung erbracht wird. Hat der Reiseveranstalter seinen Sitz in Deutschland, ist die Vermittlungsleistung des Reisebüros deshalb steuerbar. Hat der Reiseveranstalter seinen Sitz oder seine Betriebsstätte im Ausland (in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittland), ist die Vermittlung einer Reiseleistung nicht steuerbar.

 

Rz. 71

Der Ort der Vermittlung von Personenbeförderungsleistungen gegenüber Nichtunternehmern richtet sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG i. V. m. § 3b Abs. 1 S. 1 UStG nach dem Ort, an dem die Beförderung bewirkt wird. Die Vermittlung einer Personenbeförderungsleistung gegenüber einem Unternehmer wird am Sitzort oder am Betriebsstättenort des Leistungsempfängers erbracht.

[1] Also z. B. auch grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Luftfahrzeugen und Seeschiffen i. S. d. § 4 Nr. 5 S. 1 Buchst. b UStG.

6.3 Steuerfreie Vermittlungsleistungen der Reisebüros

 

Rz. 72

Steuerfrei sind alle Vermittlungsleistungen der Reisebüros, die unter § 4 Nr. 5 S. 1 UStG fallen. Ausgenommen von der Befreiung sind jedoch die in § 4 Nr. 5 S. 2 UStG bezeichneten Vermittlungsleistungen, die Umsätze für Reisende betreffen (Rz. 81ff.).

 

Rz. 73

Die Steuerbefreiung kommt insbesondere für die Vermittlungsleistungen der Reisebüros in Betracht, bei denen die Reisebüros als Vermittler für die sog. Leistungsträger (Auftraggeber), z. B. Beförderungsunternehmer oder Hotels bzw. Restaurants, auftreten. Leistungsträger sind die Personen, die die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen. Bei der Buchung von Reisen im Reisebüro kommt – neben dem Umsatz des Veranstalters gegenüber dem Urlauber – i. d. R. ein (Vermittlungs-)Umsatz nur zwischen dem Reisebüro und dem Veranstalter bzw. Leistungsträger zustande. Das Entgelt (Provision) für diesen Umsatz wird dem Reisebüro entweder vom Veranstalter oder in dessen Auftrag von einer zentralen Verrechnungsstelle überwiesen bzw. vom Reisebüro selbst berechnet und von dem an den Veranstalter zu entrichtenden Reisepreis einbehalten. Die Ausnahmeregelung des § 4 Nr. 5 S. 2 UStG gilt für die vom Reisebüro dem Leistungsträger erbrachten Vermittlungsleistungen n...

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