Rz. 36

Wird eine Nicht-Unionsware, die sich zollrechtlich in einem Nichterhebungsverfahren befindet, im Zusammenhang mit einer Lieferung aus dem Inland in das Drittlandsgebiet ausgeführt, ist diese Lieferung nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei. Die Lieferung kann unter den Voraussetzungen des § 6 UStG steuerfrei sein.

 

Rz. 37

Wird eine Nicht-Unionsware, die sich zollrechtlich in einem Nichterhebungsverfahren befindet, im Zusammenhang mit einer Lieferung aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet, ist diese Lieferung nicht nach § 4 Nr. 4b UStG, sondern unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.

 
Praxis-Beispiel

Der deutsche Unternehmer A hat Drittlandswaren aus Russland importiert. Er lagert sie in einem Zolllager in Frankfurt/Oder ein. Einen Teil der Gegenstände liefert A an den dänischen Unternehmer D in Kopenhagen. Diese Gegenstände werden im Rahmen des zollrechtlichen Versandverfahrens (vgl. Rz. 30) aus dem Zolllager in Frankfurt/Oder nach Kopenhagen transportiert. D überlässt später dort die Liefergegenstände zum zollrechtlich freien Verkehr. Die Lieferung des A an D ist im Inland steuerbar.[1] Sie ist als innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, § 6a UStG steuerfrei. D führt in Dänemark einen innergemeinschaftlichen Erwerb aus.[2] Die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs knüpft nicht an dem zollrechtlichen Status der Waren an. Außerdem unterliegt die Einfuhr durch D in Dänemark der Umsatzsteuer.[3]

 

Rz. 38

Bei den Befreiungen nach § 4 Nr. 4a UStG und § 4 Nr. 4b UStG gibt es keine Vorrangstellung. Der Unternehmer hat vielmehr ein Wahlrecht, welche der beiden Steuerbefreiungen er anwenden will, wenn er eine Nicht-Unionsware einem Nichterhebungsverfahren unterwirft. Dabei bleibt es dem Unternehmer unbenommen, derartige Nicht-Unionswaren zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr zu überlassen und danach in ein Steuerlager einzulagern. Werden die Gegenstände danach geliefert, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4a S. 1 Buchst. a S. 1 UStG bei Vorliegen der Voraussetzungen in Anspruch genommen werden.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U liefert einen Gegenstand aus den USA an Unternehmer B in Deutschland. Die Versendung erfolgt durch U selbst. Sobald der Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet gelangt, wird dieser von B in ein Zolllagerverfahren übergeführt. B lagert die Ware bei dem Lagerhalter L in Deutschland ein. L betreibt sowohl ein Zoll- als auch ein Umsatzsteuerlager. Danach wird der Gegenstand von B an Unternehmer C, von C an Unternehmer D und von D an Unternehmer E jeweils zu der Kondition "unverzollt und unversteuert" verkauft. E bittet L, die Ware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr zu überführen und dann in dessen Umsatzsteuerlager zu übernehmen. Danach werden die Waren zu der Kondition "verzollt und versteuert" von E an Unternehmer F und von F an Unternehmer G veräußert.

Die Lieferung des U an B ist in Deutschland nicht steuerbar; der Lieferort liegt nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG in den USA. § 3 Abs. 8 UStG (Verlagerung des Lieferorts ins Inland) ist nicht erfüllt, da U – mangels Vorliegen einer Einfuhr – nicht Schuldner der EUSt ist. Da B die Waren in das Zolllagerverfahren übergeführt hat, ist der Einfuhrtatbestand nicht erfüllt. Die Lieferungen des B an C, des C an D und des D an E im Zolllager sind nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei. Die Einfuhr durch E (bzw. dessen Beauftragten L) ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerfrei, weil die Waren im Anschluss an die Einfuhr zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 4a S. 1 Buchst. a S. 1 UStG verwendet werden sollen (vgl. § 4 Nr. 4a UStG Rz. 73ff.). Die Lieferungen von E an F und von F an G sind nach § 4 Nr. 4a S. 1 Buchst. a S. 1 UStG steuerfrei (vgl. dortige Kommentierung).

[1] Ort: § 3 Abs. 6 S. 1 UStG; die Steuerbarkeit knüpft nicht an den zollrechtlichen Status der Waren an und auch nicht daran, dass sie sich zum Zeitpunkt der Lieferung in einem Zolllager befinden.

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