Rz. 89

Unter einem Chor versteht man in der Musik eine Gemeinschaft von Singenden, in der jede Stimme mehrfach besetzt ist. Zu den Chören gehören alle Gesangsgruppen, die aus zwei oder mehr Mitwirkenden bestehen[1], aber auch – wie bei den Orchestern und Kammermusikensembles – Solisten. Denn die Steuerfreiheit kommt – aufgrund der Entscheidung des EuGH[2] entgegen dem Urteil des BFH[3] – auch im Fall einer Chorsängerin in Betracht. Auf die Art oder den kulturellen Wert der gesanglichen Darbietung kommt es nicht an. Auch Chöre oder kleinere Gesangsgruppen aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik können deshalb unter die Steuerermäßigung fallen.

Die kulturelle Aufgabe von Musikeinrichtungen (wie Chören) von juristischen Personen des öffentlichen Rechts soll nicht in der bloßen Darbietung oder der Produktion von Musik auf künstlerischem Niveau liegen, sondern in deren Pflege, wie etwa durch Pflege der Gesangskunst mit einem bestimmten Kanon von vorhandenen Musikstücken, der Musikbildung und -erziehung oder der Fortentwicklung von bestimmten Musikbereichen. Mit der Darbietung von Musik muss ein Zweck über die bloße Unterhaltung und Gewinnerzielung hinaus verfolgt werden, nämlich ein Zweck, der sich aus den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zugewiesenen Aufgaben legitimiert. Im Hinblick auf diese Kriterien können Chöre oder Orchester von juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Aufgabe der Musikbildung und -erziehung verfolgen, wenn in ihnen unter Leitung eines ausgebildeten Musikers die Bürger zur Ausübung der Gesangs- oder Instrumentalkunst angehalten werden. Chöre von juristischen Personen des öffentlichen Rechts können die Aufgabe der Pflege der Gesangskunst erfüllen, wenn sie bestimmte Felder der Gesangskunst mit einem bestimmten Kanon vorhandener Musikstücke pflegen, wie es etwa für städtische Opernchöre kennzeichnend ist. Dabei muss im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin der zu pflegende Kanon nicht auf klassische oder vergleichbare Musik beschränkt sein. Denkbar sind auch die Pflege und experimentelle Fortentwicklung anderer Musikbereiche, wie etwa der "Neuen Musik".[4] Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch die öffentliche Hand zu pflegen und zu fördern. Nicht die staatliche Ausübung von Kunst ist danach Aufgabe des Staates, sondern die Pflege der Kunst, wie etwa die Bewahrung des musikalischen Erbes eines heimatlichen Komponisten, die Pflege eines bestimmten Kanons klassischer Werke, die Musikbildung und -erziehung.[5]

 

Rz. 90

Unter den Leistungen der Chöre sind Aufführungen von Musikstücken zu verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden[6], sowie die üblicherweise damit verbundenen Nebenleistungen. Bezüglich der mit den Leistungen eng verbundenen Nebenleistungen dürften die gleichen Abgrenzungskriterien wie bei den Theatern zum Tragen kommen (Rz. 79ff.).

 

Rz. 91

Tonträger (z. B. CDs), die von Chören bespielt und in Eigenregie veräußert werden, gehören nicht zu den typischen Leistungen (auch nicht zu den Nebenleistungen) dieser Einrichtungen und sind deshalb nicht steuerermäßigt.[7]

[4] OVG Nordrhein-Westfalen v. 31.7.2013, 14 A 2542/12, DVBL 2013, 1536, zur Ablehnung der Bescheinigung für eine A-cappella-Gesangsgruppe, die neue Musikstücke aus dem Bereich der Rock- und Popmusik aufführt, die i. d. R. selbst getextet und komponiert wurden, um kommerziellen Erfolg zu erzielen.
[5] Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen v. 31.10.2014, 14 A 220/12, wonach sich aus dem Umstand, dass der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG umso geringer ist, je weiter der Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr . 20 Buchst. a S. 2 UStG reicht, sich nichts über die konkrete Abgrenzung des Letzteren herleiten lässt.
[7] Vgl. für Tonträger von Chören OFD Koblenz v. 20.9.1984, S 7527 – A 511/St 51 2/St 51 3, UR 1985, 232; vgl. im Übrigen Rz. 85.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge