Rz. 34

Nach alter Rechtsprechung des BFH war der Vermietungsbegriff nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen abzugrenzen, es war also auf das BGB abzustellen.[1] Der Vermietungsbegriff ist in § 535 BGB definiert. Danach wird der Vermieter durch den Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu zahlen. Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter die Mietsache in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Auf die Vertragsdauer des Mietverhältnisses kommt es grundsätzlich nicht an. Bei den Beherbergungsumsätzen bzw. der Vermietung von Campingflächen nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG stellt die Steuerpflicht allerdings darauf ab, dass die Umsätze in einer kurzfristigen Vermietung bestehen.[2]

 

Rz. 35

Der Mietvertrag erfordert grundsätzlich, dass der Mieter den Besitz an der vermieteten Sache erhält. Der Vermietungsbegriff bestimmt sich aber ganz wesentlich durch die Gebrauchsüberlassung der vermieteten Sache.[3] Ob eine Gebrauchsüberlassung vorliegt oder nicht, bedarf einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Eine Gebrauchsüberlassung kann z. B. zu verneinen sein, wenn es sich um eine Vertragsgestaltung mit einander widersprechenden – gegenläufigen – Folgen handelt oder weil bei einer Gesamtwürdigung der rechtlichen und tatsächlichen Umstände der Umsatz nicht lediglich als eine bloße Gebrauchsüberlassung beurteilt werden kann.[4] So soll es sich auch bei der Vermietung von Zahnarztpraxisräumen einschließlich Praxiseinrichtung, wenn der Vermieter für die Laufzeit der Verträge die Aufgabe übernommen hat, für das Vorhandensein funktionsfähiger Zahnarztpraxen Sorge zu tragen und dabei auch für die Instandhaltung und eventuelle Neuanschaffungen der Praxisgegenstände verantwortlich ist, um eine untrennbare einheitliche umsatzsteuerpflichtige Leistung handeln, deren wesentlicher Inhalt nicht die bloße Überlassung von Räumen ist. Für die Mieter der Zahnarztpraxen – auf deren Sicht es hier ankommt, denn diese sind die Empfänger der Leistungen – soll es aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausschlaggebend sein, ihre zahnärztliche Tätigkeit mit der vorhandenen Ausstattung unmittelbar ausüben zu können.[5]

 

Rz. 36

Der BFH hatte nach Ergehen der Entscheidung des EuGH v. 18.1.2001[6] seine Rechtsprechung teilweise geändert. Mit BFH v. 31.5.2001[7] wurde die alte Rechtsprechung, wonach die Vermietung von Sportanlagen aufzuteilen ist in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, aufgegeben und insbesondere unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH eine einheitliche steuerpflichtige Leistung angenommen.

 

Rz. 37

Auf die Dauer des Vertragsverhältnisses kommt es – mit Ausnahme der in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG geregelten Ausnahmen – nicht an. So kann z. B. die stundenweise Vermietung eines Saales (z. B. an den Veranstalter eines Konzerts) eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung eines Grundstücks darstellen. Auch die einmalige Vermietung kann zur Unternehmereigenschaft i. S. v. § 2 UStG führen, weil dadurch ein auf die Erzielung von Einnahmen gerichteter Zustand hergestellt wird. Ein Mietverhältnis i. S. v. § 4 Nr. 12 UStG kann sich auch aus einem Untermietvertrag ergeben. Die Eigennutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers ist keine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung.[8]

Bei der entgeltlichen Überlassung eines Dorfgemeinschaftshauses an einen Musikverein und an Privatpersonen für private Feiern kann, sofern eine Dauer der Benutzung vereinbart und preisbildendes Merkmal ist, eine umsatzsteuerfreie Vermietung und Verpachtung von Grundstücken i. S. d. § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG auch bei einer kurzfristigen Nutzungsüberlassung vorliegen. Die Zeitdauer einer Grundstücksüberlassung ist wesentliches – wenn auch nicht allein entscheidendes – Kriterium der Grundstücksvermietung. Wären kurzfristige Vermietungen bereits nicht von dem Tatbestand des § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG erfasst, wäre die Beschränkung der Rückausnahme des § 4 Nr. 12 S. 2 UStG auf kurzfristige Beherbergungen nicht erforderlich.[9] Auch die kurzfristige Überlassung einer vom Steuerpflichtigen gepachteten Trauerhalle sowie von sog. Aufbewahrungs- und Abschiedsräumen und Leichenzellen an Angehörige verstorbener Personen soll als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken i. S. d. § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG zu qualifizieren und umsatzsteuerbefreit sein.[10]

 

Rz. 38

Es ist nicht erforderlich, dass die vermietete Grundstücksfläche bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bestimmt ist. Der Mietvertrag kann auch über eine zunächst unbestimmte, aber bestimmbare Grundstücksfläche (z. B. Fahrzeugabstellplatz) geschlossen werden. Die spätere Konkretisierung der Grundstücksfläche kann durch den Vermieter oder den Miete...

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