4.1 Definition

 

Rz. 54

Die Verschaffung eines Versicherungsschutzes liegt vor, wenn der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt. Der Begriff Versicherungsschutz setzt also das Zustandekommen eines Versicherungsverhältnisses i. S. d. VersStG voraus.[1] Umfasst werden dabei alle Versicherungsarten, wie z. B. Lebens-, Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Rechtsschutz-, Diebstahl-, Feuer- und Hausratversicherungen. Nicht unter diesen Begriff fällt die Verschaffung der Übernahme einer Haftung, Bürgschaft oder sonstigen Sicherheit, weil es sich bei der Übernahme nicht um ein Versicherungsverhältnis handelt. "Verschaffung von Versicherungsschutz" ist also im rechtlichen Sinne zu verstehen und nicht als sprachlich sehr weit gefasster Oberbegriff, der jede Leistung erfasst, die darauf gerichtet ist zu bewirken, dass die an Versicherungsschutz Interessierten diesen erhalten.

 

Rz. 55

Durch den Versicherungsvertrag muss der begünstigte Dritte – oder bei Lebensversicherungen auf den Todesfall der Bezugsberechtigte – das Recht erhalten, im Versicherungsfall die Versicherungsleistung zu fordern. Unerheblich ist es, ob dieses Recht unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen oder mittelbar über den Unternehmer geltend gemacht werden kann. Bei der Frage, ob ein Versicherungsverhältnis vorliegt, ist von den Grundsätzen des VersStG auszugehen.[2]

 

Rz. 56

Ein Vertrag, der einem Dritten (Arbeitnehmer oder Vereinsmitglied) lediglich die Befugnis einräumt, einen Versicherungsvertrag zu günstigeren Konditionen abzuschließen, verschafft keinen unmittelbaren Anspruch des Dritten gegen das Versicherungsunternehmen und damit keinen Versicherungsschutz nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG. Auch in der Übernahme weiterer Aufgaben für das Versicherungsunternehmen (insbesondere Beitragsinkasso und Abwicklung des Geschäftsverkehrs) liegt kein Verschaffen von Versicherungsschutz. Für diese Tätigkeit kommt auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG nicht in Betracht.[3]

 

Rz. 57

Die Anwendung des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG setzt voraus, dass eine umsatzsteuerrechtlich selbstständige Leistung vorliegt. Eine selbstständige Leistung ist anzunehmen, wenn eine Bausparkasse oder ein Teilzahlungs-Finanzierungsunternehmen einem Kreditnehmer für den Todes-, Invaliditäts- oder Krankheitsfall Versicherungsschutz verschafft ("Restschuldversicherung"). Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG fällt auch die Besorgung einer Transportversicherung durch den Unternehmer, der die Beförderung der versicherten Gegenstände durchführt. Das gilt nicht für die Haftungsversicherung des Spediteurs, auch wenn diese dem Kunden in Rechnung gestellt wird.[4]

4.2 Einzelfälle

 

Rz. 58

Durch den Abschluss eines (sog. unechten) Gruppenversicherungsvertrags zwischen einem Verein bzw. Berufsverband und einem Versicherungsunternehmen erlangen weder die Vereinsmitglieder noch die Arbeitnehmer einen Versicherungsschutz. Diesen erhalten die Vereinsmitglieder und Arbeitnehmer erst durch den Abschluss des individuellen Versicherungsvertrags. Durch den Abschluss des Gruppenversicherungsvertrags erhalten die Vereinsmitglieder bzw. Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit, sich aufgrund eigener Entscheidung zu besonderen Bedingungen selber einen bestimmten Versicherungsschutz zu verschaffen. Der Gruppenversicherungsvertrag bildet lediglich die Grundlage für den Inhalt der einzelnen Versicherungsverträge. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG liegen dann nicht vor. Auch in der Übernahme bestimmter Aufgaben für das Versicherungsunternehmen durch die Vereine bzw. Berufsverbände liegt kein Verschaffen von Versicherungsschutz. Diese Aufgaben entstehen erst, nachdem das Vereinsmitglied bzw. der Arbeitnehmer sich durch den Abschluss seines individuellen Versicherungsvertrags den Versicherungsschutz selbst verschafft hat. Es handelt sich bei der Übernahme dieser Aufgaben um die Wahrnehmung von Verwaltungstätigkeiten für das Versicherungsunternehmen (insbesondere Beitragsinkasso und Abwicklung des Geschäftsverkehrs). Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG kann hierfür ebenfalls nicht in Anspruch genommen werden.[1]

 

Rz. 59

Beim Kauf von Gebrauchtwagen bieten die Händler häufig eine Händlergarantie auf bestimmte Bauteile des Gebrauchtwagens an. Für das sich hier ergebende Risiko kann sich der Händler durch von bestimmten Gesellschaften angebotene Versicherungsverträge rückversichern lassen. Dazu schließt der Händler mit dieser Gesellschaft eine Garantieversicherung ab (Car-Garantie). Im Garantiefall kann sich der Käufer des Gebrauchtwagens entweder an den Verkäufer als Garantiegeber wenden oder eine beliebige Drittwerkstatt mit der Beseitigung des Schadens beauftragen. Im Fall der Reparatur durch den Verkäufer werden die Reparaturkosten aufgrund der Rückversicherung mit der Car-Garantie-Gesellschaft ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge