Rz. 49

Nicht unter § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG fallen Umsätze, die nicht auf einem Versicherungsverhältnis i. S. d. VersStG beruhen. Dies gilt insbesondere für sog. Kautionsversicherungen, durch die sich der Versicherer verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten. Diese Verträge gelten nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsverträge. Damit sind insbesondere die von Banken gegen Provision übernommenen Bürgschaften nicht nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG, jedoch nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei.

 

Rz. 50

Die Veräußerung (Überlassung) eines beschädigten Fahrzeugs vom Versicherungsnehmer an die Versicherungsgesellschaft des Schädigers gegen Erstattung des Einkaufspreises soll steuerpflichtig sein. Bei der Erstattung soll es sich nicht um – nicht steuerbaren – Schadensersatz handeln.[1] Diese Rechtsansicht ist abzulehnen. In einzelnen Zweigen der Sachschadensversicherung, insbesondere im Vieh- und Glasversicherungsgeschäft, ist es üblich, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer den beschädigten Gegenstand (z. B. krankes oder verendetes Vieh, zerbrochene Glasscheibe) zur bestmöglichen Verwertung überlassen muss. Die Herausgabe eines beschädigten Versicherungsgegenstands kann in solchen Fällen keine steuerbare Leistung des Versicherungsnehmers an den Versicherer sein. Sie steht nicht im Leistungsaustausch mit der vom Versicherer zu zahlenden Versicherungssumme, sondern dient lediglich dem nach den Grundsätzen des Schadensersatzrechts gebotenen Vorteilsausgleich.[2] Gleiches gilt, wenn ein Kfz-Händler an seinem versicherten Kfz einen Kaskoschaden erleidet und dem Versicherer den beschädigten Wagen überlassen muss.[3] Die Umsatzsteuerpflicht bleibt demgegenüber bestehen, wenn der Versicherungsnehmer selbst den beschädigten Gegenstand weiterveräußert.

 

Rz. 51

Die Veräußerung beschädigter Gegenstände durch den Versicherer ist als Hilfsgeschäft umsatzsteuerpflichtig.

 

Rz. 52

Nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG sind nur Leistungen der Versicherer steuerfrei, nicht aber Leistungen der Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler (-agenten). Diese erbringen nicht selbst einen Versicherungsumsatz, sondern eine Vermittlungsleistung. Derartige Leistungen können begrifflich schon nicht auf einem (bereits existierenden) Versicherungsverhältnis beruhen. Sie sind allerdings nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei.

 

Rz. 53

Eine Leistung eines Unternehmers (Muttergesellschaft), die darin besteht, gegen Entgelt die Tätigkeit eines anderen Unternehmers (Tochtergesellschaft), der Versicherungen anbietet, zu übernehmen, wobei der andere Unternehmer jedoch Versicherer bleibt, d. h. weiterhin Versicherungsverträge im eigenen Namen abschließt, ist kein steuerfreier Versicherungsumsatz. Zwar ist nach der Entscheidung der Begriff des Versicherungsumsatzes i. S. d.MwStSystRL nicht anders zu verstehen, als in den einschlägigen EU-Richtlinien über Versicherungen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Leistungen eines Versicherungsunternehmens unter die Steuerbefreiung fallen. Insbesondere setzt ein Versicherungsumsatz voraus, dass der Umsatz von einem Unternehmer getätigt wird, der mit dem Versicherungsnehmer in einer rechtlichen Beziehung steht. Damit erfasst die Steuerbefreiung nach der MwStSystRL nur Versicherungsumsätze im eigentlichen Sinne. Durch eine solche Leistung verpflichtet sich der Versicherer, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Die Steuerbefreiung erstreckt sich nicht auf die Versicherungstätigkeiten generell, d. h. insbesondere nicht in jedem Fall auf Geschäfte, die unmittelbar mit der Versicherungstätigkeit in Zusammenhang stehen.[4]

[1] OFD Koblenz v. 17.11.1986, S 7527 A-St 511–513, DVR 1987, 94; ähnlich auch Meier, UR 1986, 164.
[2] So wohl auch RFH v. 3.7.1931, V A 559/30, RStBl 1932, 365; gl. A. Burgmaier, Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 4 Nr. 10 UStG Rz. 25.; a. A. Klenk, Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 10 UStG Rz. 50, Rz. 76.
[3] Stehling, UR 1959, 59.
[4] Vgl. EuGH v. 8.3.2001, C-240/99, Skandia, BFH/NV Beilage 2001, 130.

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