1.1 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 1

Die durch Art. 1 Nr. 6 des Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetzes (UStBG) v. 25.8.1992[1] mWv 1.1.1993 neu in das UStG eingefügte Vorschrift des § 3d regelt den Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs. Die Vorschrift beruht auf Art. 40 bis 42 MwStSystRL.[2]

 

Rz. 2

Durch Art. 1 Nr. 4 des Umsatzsteuer-Änderungsgesetzes 1997 v. 12.12.1996[3] ist § 3d S. 2 UStG mWv. 1.1.1997 um eine 2. Alt. erweitert worden. Die Änderung dient der Umsetzung der Sonderregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nach § 25b Abs. 3 UStG ab 1.1.1997[4] (Rz. 17ff.). Zum 1.1.2010 ist § 3d S. 2 UStG an die Neufassung des § 18a UStG zur Zusammenfassenden Meldung redaktionell angepasst worden.[5]

[1] BGBl I 1992, 1548.
[2] RL 2006/112/EG v. 28.11.2006, ABl EU Nr. L 347, 1, ber. 2007 Nr. L 335, 60, zuvor Art. 28b Teil A Abs. 1 und 2 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie i. d. F. der Richtlinie v. 16.12.1991, ABl EG 1991 Nr. L 376/1.
[3] BGBl I 1996, 1851.
[5] Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010, BGBl I 2010, 386.

1.2 Wesentlicher Inhalt, Zweck und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 3

§ 3d bestimmt den Mitgliedstaat, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb (§ 1a UStG und § 1b UStG) als bewirkt gilt. Die Regelung stellt keine "klassische" Ortsbestimmungsvorschrift dar, da sie lediglich das Besteuerungsrecht einem bestimmten Mitgliedstaat zuweist. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG sind nur im Inland ausgeführte innergemeinschaftliche Erwerbe steuerbar. § 1a UStG legt die erforderlichen Voraussetzungen des innergemeinschaftlichen Erwerbs allgemein, § 3d UStG deren Ort fest.

 

Rz. 4

Nach § 3d S. 1 UStG gilt ein innergemeinschaftlicher Erwerb grundsätzlich in dem EU-Mitgliedstaat als bewirkt, in dem sich der Liefergegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Hierdurch wird das Besteuerungsrecht gem. Art. 40 MwStSystRL dem Bestimmungsstaat zugewiesen. Wie der Umsatz im Abgangsmitgliedstaat behandelt wurde, insbesondere, ob dort eine StBefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch genommen wurde, ist für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ohne Bedeutung.[1] Ebenso ist die Ansässigkeit des Erwerbers oder das Innehaben einer Betriebsstätte im Bestimmungsstaat unerheblich, sodass davon unabhängig ein innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 3d S. 1 UStG oder § 3d S. 2 UStG bewirkt werden kann.

§ 3d S. 2 UStG fingiert die Bewirkung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs, wenn der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwendet, als diejenige des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Warenbewegung endet. Diese fiktive Erwerbsteuer kann durch den Nachweis der Besteuerung im Bestimmungsland oder unter den Voraussetzungen des § 25b Abs. 3 UStG i. V. m. Abs. 2 UStG beseitigt werden. Satz 2 der Regelung dient damit vorrangig der Sicherstellung der Besteuerung grenzüberschreitender Warenlieferungen innerhalb der EU.

[1] Art. 16 MwStVO, Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 zur MwStSystRL v. 15.3.2011, ABl. EU NR. L 77, 1.

1.3 Anwendungsbereich der Vorschrift

 

Rz. 5

Der innergemeinschaftliche Erwerb ist nur stbar, wenn er im Inland i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 UStG bewirkt wird. Gem. § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 7 UStG ist unter den dort genannten Bedingungen[1] ein innergemeinschaftlicher Erwerb, der in den in § 1 Abs. 3 S. 1 UStG genannten Gebieten (Freihäfen, Wattenmeer) bewirkt wird, wie ein Umsatz im Inland zu behandeln. In Ermangelung einer konkreten Vorschrift muss § 3d S. 1 UStG insoweit analog angewendet werden.[2] Endet die Beförderung bzw. Versendung damit in einem der in § 1 Abs. 3 S. 1 UStG genannten Gebiete, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb als im Inland bewirkt.

 
Praxis-Beispiel

Für die Zollverwaltung in einem Freihafen wird ein EDV-Gerät aus Belgien geliefert. — Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs liegt gem. § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 UStG i. V. m. § 3d S. 1 UStG im Inland.

 

Rz. 6

Da gem. § 1a Abs. 2 UStG auch das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland als innergemeinschaftlicher Erwerb gilt, ist § 3d S. 1 UStG anwendbar, wenn ein Gegenstand durch einen Unternehmer zu seiner eigenen Verfügung aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland transportiert wird.[3] M.E. keine Anwendung findet hingegen § 3d S. 2 UStG auf das innergemeinschaftliche Verbringen, da dieses nach § 1a Abs. 2 UStG eine Warenbewegung aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet ins Inland voraussetzt. Verwendet der Unternehmer damit seine deutsche USt-IdNr., die zu einer Steuerbarkeit nach § 3d S. 2 UStG in Deutschland führen könnte, so liegt keine vom Staat des Transportendes abweichende USt-IdNr. vor. Für eine Anwendung von § 3d S. 2 UStG ist damit kein Raum.

[1] So zu Recht Marchal, in Rau/­Dürrwächter, UStG, § 3d UStG Rz. 5.
[2] Marchal, in Rau/­Dürrwächter, UStG, § 3d UStG Rz. 5.
[3] So auch die h. M.; Korn, in Bunjes/Geist, UStG, § 3d UStG R...

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