Rz. 210

Der Vermietung (Vercharterung) von Sportbooten kommt nicht erst seit der Neufassung des Art. 56 MwStSystRL (Rz. 200) besondere Bedeutung zu, auch weil bei der Vermietung dieser Gegenstände weitere steuerliche Probleme – wie Liebhaberei oder der Einsatz von Schwarzgeld – vorliegen können. Umsatzsteuerlich bedarf es dagegen zuerst der Abgrenzung zu einer Beförderungsleistung, die sich hinsichtlich des Leistungsorts nach § 3b UStG richtet. Hier ist im Wesentlichen dann eine Beförderungsleistung anzunehmen, wenn nach dem Chartervertrag eine bestimmte Beförderung geschuldet wird und der Unternehmer diese unter eigener Verantwortung vornimmt.[1] In diesem Fall geht die Regelung des § 3b UStG dem § 3a UStG vor.[2]

Insbesondere wenn nur ein Sportboot ohne Besatzung verchartert wird, dann liegt die Vermietung eines Beförderungsmittels vor.[3]

 

Rz. 211

Nach der Verwaltungsauffassung ist im Einzelfall dann eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen, wenn eine Segel- oder Motorjacht oder ein Luftfahrzeug ohne Besatzung verchartert wird. Bei einer Vercharterung mit Besatzung ohne im Chartervertrag festgelegte Reiseroute ist ebenfalls eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen.[4] Das gilt auch, wenn die Jacht oder das Luftfahrzeug mit Besatzung an eine geschlossene Gruppe vermietet wird, die mit dem Vercharterer vorher die Reiseroute festgelegt hat, diese Reiseroute aber im Verlauf der Reise ändern oder in anderer Weise auf den Ablauf der Reise Einfluss nehmen kann. Dagegen soll eine Beförderungsleistung – und keine Vermietung eines Beförderungsmittels – anzunehmen sein, wenn nach dem Chartervertrag eine bestimmte Beförderung geschuldet wird und der Unternehmer diese unter eigener Verantwortung vornimmt, z. B. bei einer vom Vercharterer organisierten Rundreise mit Teilnehmern, die auf Ablauf und nähere Ausgestaltung der Reise keinen Einfluss haben.[5] Diese Abgrenzungsregelung erscheint auf einen ersten Blick klar. Im konkreten Fall können hier aber deshalb Fragen entstehen, weil die Feststellung des tatsächlichen Geschehensablaufs wohl die eigentliche Schwierigkeit bei der Beurteilung der zutreffenden Leistung sein dürfte.

 

Rz. 212

Der Grund der Praxisrelevanz der Vermietung von Sportbooten findet sich darin, dass solche Boote seit jeher eine beliebte Form der "gehobenen und teuren Freizeitgestaltung" darstellen. Aufgrund der hohen Unterhaltskosten dieser Gegenstände wird hier auch von privaten Eigentümern, eventuell unter Einschaltung von Vermittlern, versucht, die langen Liegezeiten der Boote – in der sie der Eigentümer zumeist aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit nicht nutzen kann – durch eine Vermietung an Dritte zu nutzen, um Einnahmen zur Bestreitung des Unterhalts zu erzielen (und evtl. auch um eine steuerpflichtige Verwendung zu belegen). Da sich der Standort solcher Boote zumeist in südlichen Ländern mit Zugang zum Meer befindet, ist auch der Ort der tatsächlichen Übergabe und damit eventuell der Leistungsort einer solchen Vermietung grundsätzlich nicht im Inland. In diesem Fall ist aber eine ordnungsgemäße Umsatzversteuerung der Vermietung dieser Boote nur schwer sicherzustellen. Durch die Neuregelung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG zum 1.1.2010 war es insoweit zu einer Änderung der Rechtslage gekommen; weil sich jedenfalls der Ort der kurzfristigen Vermietung gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 1 UStG dort befindet, wo dem Empfänger das Beförderungsmittel tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, und damit nicht mehr im Inland, wie es mitunter bei der bis zum 31.12.2010 geltenden Regelung der Fall sein konnte. An dieser Rechtslage hat sich auch ab dem 1.1.2013 durch die Neufassung des Art. 56 MwStSystRL und die Änderung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG für kurzfristige Vermietungen (Rz. 206) nichts geändert.

 

Rz. 212a

Zu beachten ist, dass weder das deutsche Gesetz, die MwStSystRL noch die MwStVO den Begriff des Sportbootes näher definieren. Dass es sich hierbei um Wasserfahrzeuge handelt, dürfte unstreitig sein. Insoweit muss man zu Recht fragen, was denn mit einem "Sportboot" eigentlich gemeint ist[6]: Sind dies auch Hausboote und schließt das Essen und Schlafen an Bord die sportliche Nutzung eines Bootes aus? Richtig dürfte es wohl sein, hier dem allgemeinen Sprachgebrauch zu folgen und den Begriff möglichst weit auszulegen. Danach ist ein Sportboot ein Wasserfahrzeug, das dem Freizeitvergnügen auf dem Wasser und zuweilen auch repräsentativen Zwecken dient. Zu den Sportbooten gehören Motor- und Segelboote und Jachten, Wassermotorräder; Länge, Verdrängung, Motorisierung und Größe der Crew spielen dabei keine Rolle. Entscheidend ist der Sport- und Freizeitzweck.[7] Dem folgt auch die Begriffsdefinition des Sportbootes in Abschn. 3a.5 Abs. 12 UStAE[8], wonach es sich unabhängig von der Antriebsart um sämtliche Boote mit einer Rumpflänge von 2,5 bis 24 Metern handelt, die ihrer Bauart nach für Sport-, und Freizeitzwecke bestimmt sind, insbesondere Segeljachten, Motorjachten, Segelboote, Ruderboote, Paddelboote ...

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