Rz. 60

Aus der vorhergehenden Zusammenfassung der Regelung des Leistungsorts bei sonstigen Leistungen (Rz. 46ff.) ist unschwer erkennbar, dass eine Feststellung des Leistungsorts allein nach dem Aufbau des Gesetzestextes nicht möglich ist, denn dieser Aufbau des § 3a UStG entspricht nicht der tatsächlichen Prüfungsreihenfolge und zusätzlich sind – je nach der gegenständlichen sonstigen Leistung – die weiteren Sondertatbestände der §§ 3b und 3e UStG (wie z. B. bei Güterbeförderungen oder Beförderungsleistungen) zu beachten. Die entsprechende Regelung der MwStSystRL ist hier m. E. übersichtlicher, schon weil sie in Art. 44 und 45 die B2B- und die B2C-Umsätze (Rz. 38 und Rz. 48) als Grundregeln separat benennt und voranstellt. Außerdem benennt sie als Grundregel in Art. 44 MwStSystRL die Leistungen an einen Unternehmer und nicht, wie das deutsche Gesetz in § 3a Abs. 1 UStG, die Leistungen an einen Nichtunternehmer. Verständlicher erscheint die Regelung der Art. 44ff. MwStSystRL auch deshalb, weil die einzelnen Bestimmungen in mehreren Artikeln und Gruppen erfasst wurden.

 

Rz. 61

Die geltende (vereinfachte) Prüfungsreihenfolge – mithin das isolierte Prüfungsschema des § 3a UStG – lautet – nach einem Ausschlussprinzip der jeweils genannten Voraussetzungen – einschließlich der Sondertatbestände der Abs. 4 bis 8 wie folgt[1]:

  1. Liegt eine sonstige Leistung nach den Sondertatbeständen des § 3a Abs. 3 UStG vor, bei denen es nicht auf die Qualifikation des Leistungsempfängers als Unternehmer oder Nichtunternehmer ankommt?

    1. eine grundstücksbezogene Leistung nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG
    2. eine kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG[2]
    3. eine Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Unionsgebiets erfolgt (§ 3a Abs. 3 Nr. 3b UStG).

    In diesem Fall ist der Leistungsort dort, wo das Grundstück liegt, das Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt wird oder die tätigkeitortsbezogene Leistung erbracht wird.

  2. Falls keine der vorgenannten sonstigen Leistungen vorliegt:

    Ist der Abnehmer ein Unternehmer, eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit USt-IdNr. oder eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist?

    Wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer, eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit USt-IdNr. oder eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, dann ist der Leistungsort dort, wo der Abnehmer sein Unternehmen betreibt, oder am Ort einer Betriebsstätte, sofern die Leistung an diese Betriebsstätte ausgeführt wird.[3] Diese Grundregel gilt allerdings nicht für die in § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG genannte Einräumung der Eintrittsberechtigung; hier ist auch bei Leistungen an Unternehmer auf den "Tätigkeitsort" (den Ort der Durchführung der Veranstaltung) abzustellen.

    Zu beachten ist, dass der Leistungsempfänger grundsätzlich wegen der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft im Staat seiner Ansässigkeit Steuerschuldner ist und der deutsche, leistende Unternehmer deshalb eine Nettorechnung ausstellt.

  3. Ist der Abnehmer der sonstigen Leistung kein Unternehmer, eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit USt-IdNr. oder eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; mithin zumeist ein Endverbraucher (Nichtunternehmer)?

    Hier ist als weiteres Unterscheidungsmerkmal zunächst festzustellen, ob der Abnehmer seinen Wohnsitz oder Sitz im EU-Gebiet oder im Drittlandsgebiet hat. Eine Ausnahme gilt allerdings für Leistungen an Nichtunternehmer nach § 3a Abs. 3 Nr. 3a, Nr. 3c und Nr. 4 UStG[4]; hier kommt es nur auf den Tätigkeitsort des leistenden Unternehmers an.

    Hat der (nicht steuerpflichtige) Abnehmer seinen Wohnsitz oder Sitz im EU-Gebiet, so wird die sonstige Leistung nach der Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (er erstellt demnach eine Bruttorechnung mit deutscher USt). Sollte der vorgenannte Abnehmer dagegen im Drittlandsgebiet ansässig sein, so ist zusätzlich die Sonderregelung (die Katalogtatbestände) des § 3a Abs. 4 UStG zu beachten. Nur in diesem Fall kommt es – wie es nach der bis zum 31.12.2009 geltenden Regelung immer erforderlich war – darauf an, ob die gegenständliche Leistung unter einen der Katalogtatbestände des § 3a Abs. 4 UStG fällt.[5] Insoweit behält die hier zu den vielen Abgrenzungsfragen ergangene Rechtsprechung weiter Bedeutung.

  4. Bei Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und elektronisch erbrachten Dienstleistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG – digitale Dienstleistungen – durch einen nicht im Inland ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz im Inland, wird diese Leistung gem. § 3a Abs. 5 UStG - abweichend von § 3a Abs. ...

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