Rz. 6

Die Regelung des § 23 UStG wurde mWv 1.1.1968 durch das UStG 1967[1] aufgenommen. Aber auch schon vor der Aufnahme der Grundregelung für die Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Rahmen des UStG 1967 waren Durchschnittssätze in der Geschichte des Umsatzsteuerrechts nicht unbekannt. So gab es Umsatzsteuer-Durchschnittssätze bei der Besteuerung von Bäckereien oder von Tankstellenunternehmen. Für Bäckereien war in dem bis zum 31.12.1967 geltenden Umsatzsteuerrecht ein Umsatzsteuer-Durchschnittssatz festgesetzt[2]. Danach brauchten Bäcker in ihren Aufzeichnungen die vereinnahmten Entgelte nicht mehr nach den verschiedenen Steuersätzen zu trennen, wenn sie die gesamten Entgelte mit dem Durchschnittssatz von 2,3 % versteuerten. Durch die sog. Tankstellenerlasse[3] war es Tankstellenunternehmern gestattet, 75 % ihrer über Tankstellen bewirkten Umsätze an Treibstoffen, Kraftfahrzeugölen und -fetten ohne Einzelnachweis als Großhandelslieferungen zu behandeln.

 

Rz. 7

Im UStG 1967 wurde die Grundkonzeption der noch heute geltenden Sonderregelung geschaffen. Die Ermächtigung des Bundesministers der Finanzen wurde im Rahmen einer Durchschnittssatz-Verordnung Anfang 1968[4] umgesetzt, wobei allerdings nach der damaligen Konzeption die Teilpauschalierung in einem weitaus größeren Umfang angewendet wurde als heute, da für eine umfangreichere Anwendung der Vollpauschalierung die statistischen Grundlagen fehlten, um hier zu einer angemessenen Besteuerung zu kommen.

 

Rz. 8

Ursprünglich war die Regelung zum 1.1.1968 nicht nur auf die Unternehmer beschränkt, die nicht zur Führung von Büchern verpflichtet waren, wahlweise konnten nach § 23 Abs. 3 UStG 1967 auch buchführungspflichtige Unternehmer auf Antrag die Besteuerung nach Durchschnittssätzen in Anspruch nehmen. Da die Regelung in der Praxis nur in geringem Maße in Anspruch genommen wurde und außerdem auch mit gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften kaum in Einklang zu bringen gewesen wäre, wurde diese Regelung nicht mit in das UStG 1980 übernommen. V. 1.1.1968 bis 31.12.1979 lautete § 23 Abs. 3 UStG 1967 wie folgt:

§ 23 Abs. 3 UStG 1967[5]:

Zitat

Der Bundesminister der Finanzen kann gestatten, dass die nach Abs. 1 festgesetzten Durchschnittssätze auch von Unternehmern in Anspruch genommen werden, die verpflichtet sind, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, deren Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3) im vorangegangenen Kj. jedoch nicht mehr als 250.000 DM betragen hat.

 

Rz. 9

Hatte der Unternehmer den Antrag auf Besteuerung nach Durchschnittssätzen gestellt, war er nach § 23 Abs. 4 S. 2 UStG 1967 für mindestens zwei Jahre an diese Sonderregelung gebunden. Zum 31.12.1976[6] wurde diese Bindungswirkung wieder aufgehoben.

 

Rz. 10

Eine weitere Änderung hatte sich schon frühzeitig nach Einführung des § 23 UStG bezüglich der Frist zur Stellung des Antrags auf Besteuerung nach Durchschnittssätzen ergeben. Die früher in § 23 Abs. 4 S. 1 UStG 1967 bestimmte Frist (Antrag auf Anwendung der Durchschnittssätze bis zum 10. Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums eines Kalenderjahrs) hatte sich als zu kurz erwiesen. Sie war damals im Verwaltungswege[7] aus Billigkeitsgründen bis zur Rechtskraft der Umsatzsteuer-Veranlagung verlängert worden. Eine entsprechende gesetzliche Regelung wurde zum 1.1.1977[8] aufgenommen.

 

Rz. 11

Nach Einführung des § 23 UStG zum 1.1.1968 wurde die Regelung in den Folgejahren um weitere Berufsgruppen[9] erweitert und bei Änderungen der Steuersätze wurden entsprechende Anpassungen der Durchschnittssätze vorgenommen.

 

Rz. 12

Mit dem UStG 1980[10] und der Einführung der UStDV 1980 erfolgte eine Anpassung der Regelung und der inhaltlichen Ausgestaltung der Durchschnittssatzbesteuerung, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Einbeziehung von Kleinunternehmern in die Regelbesteuerung. So wurden die betroffenen Berufsgruppen von 87 auf nunmehr 58 reduziert und neu gegliedert. Weiterhin wurde die Vollpauschalierung auf insgesamt 52 Berufsgruppen ausgedehnt, die Teilpauschalierung auf insgesamt 6 Berufsgruppen eingeschränkt. Die bisher in den Durchschnittssatz-Verordnungen enthaltenen Umsetzungen der gesetzlichen Vorgaben wurden in die einheitliche UStDV (§§ 69ff. UStDV) übernommen.

 

Rz. 13

Darüber hinaus erfolgten redaktionelle Änderungen. Da die USt seit 1970 eine Gemeinschaftssteuer i. S. d. Art. 106 Abs. 3 GG ist, bedürfen Rechtsverordnungen auf dem Gebiet der USt nach Art. 80 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 105 Abs. 3 GG grundsätzlich der Zustimmung des Bundesrats. Diese Verfassungsrechtslage wurde in den entsprechenden Vorschriften des UStG – so auch in § 23 UStG – ausdrücklich klargestellt. Eine formale Veränderung ergab sich weiterhin 1993 bei den Ermächtigungen, die der Finanzverwaltung eingeräumt wurden: Während früher die Ermächtigung nach § 23 UStG an den "Bundesminister der Finanzen" gerichtet war, ergab sich durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz[11] die "Versachlichung" dieses Verweises. Die Ermächt...

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