Rz. 35

Für den gesamten Bereich der kulturellen Leistungen (einschließlich Unterhaltungsleistungen) hatte der Regierungsentwurf des UStG 1967 Steuervergünstigungen nicht vorgesehen. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags war jedoch der Auffassung, dass die Anwendung des Normalsteuersatzes im Kulturbereich, der bis dahin weitgehend steuerlich präferiert war (z. B. durch die Umsatzsteuerbefreiung der Rundfunkanstalten und Theater sowie durch die Umsatzsteuerermäßigung für Bücher), nach vorgelegten Berechnungen zu nicht zu verantwortenden Mehrbelastungen für die Betroffenen führen würde. Aus diesem Grund und nicht zuletzt auch aus bildungspolitischen Gründen wurde für bestimmte kulturelle Leistungen[1] der ermäßigte Steuersatz vorgesehen.[2]

 

Rz. 36

Der Gesetzgeber hat sich allerdings nicht für eine umfassende Kulturpräferenz im Umsatzsteuerrecht entschieden. So sind beispielsweise weder Bildträger (z. B. Bilddrucke, Kunstkalender, Fotografien, Diapositive und Filme) noch Tonträger (z. B. Schallplatten, CD, DVD und Musikkassetten), noch Erzeugnisse des Kunsthandwerks begünstigt. Schallplatten sind mit dem Hinweis, dass sie schon bisher mit mehr als 10 % USt belastet gewesen seien, dem Normalsatz unterworfen worden.[3] Auch jugendgefährdende Schriften, die bis zum 31.12.1967 ebenfalls nicht begünstigt waren, sind weiterhin von der Steuerermäßigung ausgeschlossen. Entgegen den Empfehlungen des Finanzausschusses hat der Deutsche Bundestag bei der abschließenden Gesetzesberatung auch die Illustrierten in die Steuerermäßigung einbezogen.[4] Unter die Steuerermäßigung fallen ferner nicht die Lieferungen von Werbedruckschriften sowie die Anzeigenumsätze der Zeitungen, Zeitschriften usw. Der bei der 3. Lesung des Gesetzentwurfs gestellte Änderungsantrag, die letztgenannten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, wurde aus Gründen einer gleichmäßigen Besteuerung aller Werbungsleistungen (Werbefunk und Werbefernsehen, Plakatwerbung, Kinowerbung usw.) abgelehnt. Auch der Antrag, Kalender in die Steuerermäßigung einzubeziehen, ist abgelehnt worden.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion[5] bekräftigt die Bundesregierung, dass sie die Begünstigung von Druckerzeugnissen allgemein und speziell bestimmter kartographischer Erzeugnisse auch weiterhin für angemessen hält.

Elektronische Bücher (E-Books) und elektronische Zeitungen (E-Paper) enthalten regelmäßig dieselben Inhalte wie die entsprechenden gedruckten Erzeugnisse (Print-Produkte). Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich bei E-Books und E-Papers jedoch um Dienstleistungen (sonstige Leistungen), auf die der ermäßigte Steuersatz nach dem bis 3.12.2018 geltenden Unionsrecht und dementsprechend nach dem bis 31.12.2019 geltenden nationalen Umsatzsteuerrecht nicht angewendet werden durfte (Rz. 42). Am 2.10.2018 hat sich der Rat der EU auf einen Vorschlag geeinigt, wonach es den EU-Mitgliedstaaten gestattet wird, ermäßigte Steuersätze, besonders ermäßigte Steuersätze oder sogar Nullsteuersätze auf elektronische Veröffentlichungen anzuwenden.[6] Die EU-Richtlinie ist am 4.12.2018 in Kraft getreten. Daraufhin hat Deutschland reagiert und elektronische Bücher (E-Books), elektronische Zeitungen und Zeitschriften (E-Paper) und andere Publikationen in elektronischer Form mWv 1.1.2020 durch den neuen § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG in die Steuerermäßigung einbezogen (§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG, Rz. 1ff.).

 

Rz. 37

Die gegen die Besteuerung der Schallplatten mit dem allgemeinen Steuersatz eingelegten Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG als unbegründet zurückgewiesen (§ 12 Abs. 1 UStG Rz. 21). Der Ausschluss der Kundenzeitschriften (Werbedruckschriften) von der Steuerermäßigung verstößt ebenfalls nicht gegen das Grundgesetz (§ 12 Abs. 1 UStG Rz. 22).

[1] Soweit sie nicht nach § 4 Nr. 20 UStG befreit sind.
[3] Nr. 4 Buchst. c des allgemeinen Teils des schriftlichen Berichts des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, zu BT-Drs. V/1581.
[4] Protokoll über die 105. Sitzung des Deutschen Bundestags am 26.4.1967.
[5] Antwort der Bundesregierung v. 28.6.2019 auf die Frage Nr. 22 einer Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, BT-Drs. 19/11256, 8.
[6] Richtlinie (EU) 2018/1713 des Rates v. 6.11.2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in Bezug auf die MwSt-Sätze für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, ABl EU 2018 Nr. L 286, 20.

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