1 Entstehung und Bedeutung der Vorschrift, Steueraufkommen

1.1 Entwicklung des § 12 Abs. 1 UStG

 

Rz. 1

Vom Satzaufbau her ist § 12 Abs. 1 UStG seit Einführung der MwSt in Deutschland zum 1.1.1968 durch das UStG 1967 unverändert geblieben. Änderungen haben sich insbesondere durch die bisherigen Anhebungen (Erhöhungen) des allgemeinen Steuersatzes ergeben (Rz. 9ff.). Im Rahmen der Bekanntmachung der Neufassung des UStG v. 21.2.2005[1] wurde die aus Sicht des Gesetzgebers wohl antiquierte Bezeichnung "vom Hundert" durch die allgemein geläufigere Bezeichnung "Prozent" ersetzt.

 

Rz. 2

Bei dem Klammerzusatz in § 12 Abs. 1 UStG handelt es sich um einen redaktionellen Hinweis auf die einzelnen Bemessungsgrundlagen, auf die der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist. V. 1.1.1968 bis zum 31.12.1979 wurde in dem Klammerzusatz auf die Bemessungsgrundlagen in § 10 und § 11 UStG hingewiesen.

Mit der Einführung der sog. Margenbesteuerung für Reiseleistungen zum 1.1.1980[2] musste in dem Klammerzusatz zusätzlich auf die Bemessungsgrundlage des § 25 Abs. 3 UStG hingewiesen werden. Damit ist klargestellt, dass auf den steuerpflichtigen Teil der positiven Marge der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist, allerdings durch Herausrechnung aus dem Bruttobetrag. Die Änderung ist mit dem UStG 1980 am 1.1.1980 in Kraft getreten.

Der weitere Hinweis auf die Bemessungsgrundlage des § 25a Abs. 2 UStG (Fassung v. 1.7.1990 bis 31.12.1994) ist durch Gesetz v. 25.6.1990[3] in den Klammerzusatz aufgenommen worden. Bei der Änderung handelte es sich um eine redaktionelle Anpassung an die Einführung der sog. Differenzbesteuerung für Gebrauchtfahrzeuge durch Gesetz v. 30.3.1990.[4] Die Änderung ist am 1.7.1990 in Kraft getreten.[5] Damit ist klargestellt, dass auf eine positive Differenz der allgemeine Steuersatz anzuwenden ist. Auch hier ist die Steuer aus dem Bruttobetrag herauszurechnen.

Durch Gesetz v. 9.8.1994[6] ist der Anwendungsbereich des § 25a UStG zum 1.1.1995 erheblich erweitert worden. Weil die Vorschriften über die Bemessungsgrundlage innerhalb des § 25a UStG in die Abs. 3 und 4 übernommen wurden, musste auch der Klammerhinweis in § 12 Abs. 1 UStG (i. d. F. ab 1.1.1995) redaktionell angepasst werden.[7]

[1] BGBl I 2005, 386, BStBl I 2005, 505.
[2] § 25 UStG 1980.
[3] Art. 10 Nr. 5 des Gesetzes zu dem Vertrag v. 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik v. 25.6.1990, BGBl II 1990, 518, BStBl I 1990, 294.
[4] Zweites Gesetz zur Änderung des UStG v. 30.3.1990, BGBl I 1990, 597, BStBl I 1990, 213.
[5] Art. 37 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes v. 25.6.1990.
[6] Gesetz zur Änderung des UStG und anderer Gesetze v. 9.8.1994, BGBl I 1994, 2058, BStBl I 1994, 655.
[7] Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes v. 9.8.1994.

1.2 Anteil der USt zum allgemeinen Steuersatz am Umsatzsteueraufkommen

 

Rz. 3

Im Jahr 2017 schätzte die Bundesregierung den Anteil des Umsatzsteueraufkommens nach dem allgemeinen Steuersatz auf etwa 92,2 % des gesamten Umsatzsteueraufkommens.[1]

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion im Jahr 2018 räumte die Bundesregierung ein, dass sich das Umsatzsteueraufkommen statistisch nicht auf den Regelsteuersatz und den ermäßigten Steuersatz aufteilen lasse. Daher sei eine entsprechende Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens nur auf der Grundlage von Schätzungen möglich. Danach betrage der Anteil des Umsatzsteueraufkommens aus dem Regelsteuersatz zurzeit 92,1 %. Unter Zugrundelegung dieses Anteils entfielen im Jahr 2017 rund 208,5 Mrd. EUR (92,1 % des Gesamtumsatzsteueraufkommens 2017 von rd. 226,355 Mrd. EUR) auf den allgemeinen Steuersatz von 19 %.[2]

[1] Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMF Dr. Michael Meister v. 24.1.2017 auf eine Parlamentsanfrage, BT-Drs. 18/11024, 14.
[2] Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion v. 16.4.2018, BT-Drs. 19/1662, UVR 2018, 196.

2 Anwendungsbereich des allgemeinen Steuersatzes

 

Rz. 4

Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 UStG bestimmt die Höhe des allgemeinen Steuersatzes. Die Bezeichnung "allgemeiner Steuersatz" wird lediglich in § 25a Abs. 5 UStG verwendet. Sie entspricht der üblichen Terminologie und soll zum Ausdruck bringen, dass dieser Steuersatz immer dann anzuwenden ist, wenn das Gesetz keine abweichende Regelung getroffen hat. Art. 96 MwStSystRL verwendet die Bezeichnung Normalsatz bzw. Mehrwertsteuer-Normalsatz. Im allgemeinen Sprachgebrauch üblich sind auch die Begriffe "Regelsteuersatz" oder "voller Steuersatz".

 

Rz. 5

Der allgemeine Steuersatz gilt nur dann, wenn nicht Sondervorschriften mit abweichenden Steuersätzen eingreifen. Die folgenden Steuersätze gehen hiernach dem allgemeinen Steuersatz vor:

  1. der ermäßigte Steuersatz für die in § 12 Abs. 2 UStG bezeichneten Umsätze,
  2. die Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe.[1]

Land- und Forstwirte können sich allerdings für die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Gesetzes und damit für die Regelsteuersätze des § 12 UStG entscheiden.[2] Auch in diesem Fall ist der allgemeine Steuersatz[3] nur insoweit anzuwenden, als nicht der ermäßigte Steuersatz[4] eingreift.

 

Rz. 6

Unter Berücksichtigun...

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