9.1 Neuanlagen (Erwerb ab 1.1.2023)

 

Rz. 105

Veräußert ein Unternehmer (kein Kleinunternehmer i. S. d. § 19 UStG), dessen Unternehmen (unter anderem) im Betrieb einer Fotovoltaikanlage besteht, diese Fotovoltaikanlage oder übereignet er die Anlage unentgeltlich an einen Dritten, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Käufer bzw. Beschenkte den mit der Anlage erzeugten Strom gegen Entgelt (Einspeisevergütung) in das öffentliche Stromnetz einspeist, z. B. indem er in den Einspeisevertrag des Veräußerers bzw. Schenkers eintritt. Liegen alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG vor, handelt es sich um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Dies gilt sowohl für die Betreiber von Altanlagen (Erwerb bis 31.12.2022) als auch von Neuanlagen (Erwerb ab 1.1.2023). Der Erwerber tritt in einem solchen Fall an die Stelle des Veräußerers bzw. des Schenkers (§ 1 Abs. 1a S. 3 UStG).

 

Rz. 106

Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen stellt grundsätzlich keine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG dar.[1]

Da der Erwerber einer Neuanlage wegen der Anwendung des Nullsteuersatzes aus der Anschaffung der Fotovoltaikanlage keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, gibt es auch keine Vorsteuer nach § 15a UStG zu berichtigen.

 

Rz. 107

Die Veräußerung einer gebrauchten Neuanlage, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG für eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung nicht erfüllt, unterliegt unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG dem Nullsteuersatz. Der Nullsteuersatz ist nämlich nicht nur bei der Lieferung einer neuen Anlage, sondern auch bei der Lieferung einer Bestandsanlage anzuwenden. Voraussetzung für die Annahme einer steuerbaren Entnahme oder unentgeltlichen Zuwendung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 Abs. 1b S. 2 UStG). Dies ist aber bei nach dem 31.12.2022 erworbenen Neuanlagen nicht der Fall, da diese zum Nullsteuersatz und damit ohne Vorsteuerabzugsrecht erworben wurden. Somit entsteht weder durch den Verkauf einer nach dem 31.12.2022 erworbenen Neuanlage noch durch deren unentgeltliche Übertragung auf einen Dritten noch durch deren Entnahme aus dem Unternehmensvermögen eine USt.

9.2 Altanlagen (Erwerb bis 31.12.2022)

9.2.1 Verkauf

 

Rz. 108

Viele Betreiber von Altanlagen (Erwerb bis 31.12.2022), die Strom in das öffentliche Netz einspeisen, haben auf die (Nicht-)Besteuerung als Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG verzichtet (Option zur Regelbesteuerung). Sie haben die gesamte Anlage dem Unternehmensvermögen zugeordnet und dementsprechend den vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage in Anspruch genommen. Dies war regelmäßig zulässig, weil der mithilfe der Fotovoltaikanlage erzeugte Strom nach den tatsächlichen Verhältnissen fast stets zu mindestens 10 % zur Einspeisung in das öffentliche Stromnetz genutzt wurde, sodass das Zuordnungsverbot nach § 15 Abs. 1 S. 2 UStG nicht griff. Die Zuordnungsentscheidung für im Jahr 2022 angeschaffte Fotovoltaikanlagen musste allerdings bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist der USt-Jahressteuererklärung 2022 (2.10.2023) getroffen werden.[1] Werden vor dem 1.1.2023 erworbene und zutreffend voll dem Unternehmensvermögen zugeordnete Fotovoltaikanlagen sowohl vor dem 1.1.2023 als auch danach vom bisherigen Betreiber an einen neuen Betreiber entgeltlich übertragen (verkauft), handelt es sich regelmäßig um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG. Dies ist insbesondere der Fall, wenn auch der Käufer den mit der Anlage erzeugten Strom gegen Entgelt (Einspeisevergütung) in das öffentliche Stromnetz einspeist, indem er z. B. in den Einspeisevertrag eintritt. Der Käufer tritt in einem solchen Fall an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a S. 3 UStG).

Der Verkauf selbst führt nicht zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Wenn der Verkauf innerhalb des Vorsteuerberichtigungszeitraums des § 15a UStG von 5 Jahren (bei Auf-Dach-Fotovoltaikanlagen) bzw. von 10 Jahren (bei dachintegrierten Fotovoltaikanlagen) nach dem Erwerb erfolgt, muss ein die Kleinunternehmerregelung anwendender Käufer bzw. Beschenkter den vom Verkäufer in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Fotovoltaikanlage nach § 15a UStG anteilig an das Finanzamt zurückzahlen. Dies kann vermieden werden, wenn der Käufer seinerseits nach § 19 Abs. 2 UStG zur Regelbesteuerung optiert. In diesem Fall muss der Käufer den in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Strom als Lieferung und den dezentral (privat) verbrauchten Strom als unentgeltliche Wertabgabe zum allgemeinen Steuersatz von 19 % versteuern. Die Verwaltung besteht nämlich darauf, dass auch nach dem 31.12.2022 in diesen Fällen wie bisher weiterhin grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern ist.[2] Sobald der Vorsteuerberichtigungszeitraum von 5 bzw. 10 Jahren abgelaufen ist, kann d...

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