Rz. 5

Die Eröffnung des Finanzrechtswegs i. S. d. § 33 FGO sowie die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach den §§ 3539 FGO sind Voraussetzung der gerichtlichen Sachentscheidung (sog. Sachentscheidungsvoraussetzungen). D. h., das FG hat diese Voraussetzungen von Amts wegen zu prüfen, bevor es in der Sache entscheidet. Denklogisch ist dabei die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs nach § 33 FGO vor der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu prüfen.[1]

 

Rz. 5a

Allerdings werden die sachliche und die örtliche Zuständigkeit durch eine nach Eintritt der Rechtshängigkeit[2] eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände gem. § 17 Abs. 1 S. 1 GVG nicht berührt (sog. perpetuatio fori).[3] Wird aber z. B. ein Änderungsbescheid von einer anderen Finanzbehörde erlassen als der ursprüngliche (angefochtene) Bescheid und wird der Änderungsbescheid gem. § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens, richtet sich die Klage nunmehr gegen die Finanzbehörde, die den Änderungsbescheid erlassen hat. Durch den hierdurch erfolgten Beteiligtenwechsel kann dies gleichzeitig einen (nachträglichen) Wechsel des zuständigen FG zur Folge haben, wenn die Finanzbehörden in verschiedenen FG-Bezirken ihren Sitz haben.[4] Ein Wechsel des Beklagten lässt die örtliche Zuständigkeit des FG aber dann unberührt, wenn Streitgegenstand weiterhin die Rechtmäßigkeit des ursprünglich klagebefangenen Verwaltungsakts ist.[5]

 

Rz. 5b

In der Rechtsmittelinstanz darf die Zuständigkeit des FG jedoch nicht mehr überprüft werden. Der BFH hat eine ausdrücklich oder unausgesprochen bejahende Entscheidung des FG über die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs gem. § 155 FGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG als bindend hinzunehmen und darf die Zulässigkeit des beschrittenen Finanzrechtswegs nicht im Rahmen einer Revision oder Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision prüfen.[6] Nach § 70 S. 1 FGO i. V. m. § 17a Abs. 5 GVG prüft der BFH auch nicht, ob das FG sachlich und örtlich zuständig war.[7]

 

Rz. 5c

Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die unzutreffende Annahme der Zuständigkeit auf Gründen beruht, die offensichtlich unhaltbar und unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Grundsätze nicht mehr verständlich sind und sich deshalb in einer nicht mehr hinnehmbaren, willkürlichen Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters[8] entfernt.[9] Eine solche Verletzung liegt m. E. jedenfalls nicht schon bei einer irrtümlichen Verkennung bzw. bloß fehlerhafter Rechtsanwendung vor, sondern erst bei einer objektiv willkürlichen Abweichung von den einschlägigen Zuständigkeitsnormen. Denn mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird und durch die auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann.[10] Hieran sind Verstöße gegen Zuständigkeitsnormen zu messen.

 

Rz. 5d

Der Rechtsmittelinstanz ist darüber hinaus allerdings eine Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs möglich, wenn das FG die in § 17a Abs. 1 bis Abs. 4 GVG geregelten Verfahrensgrundsätze trotz Rüge nicht eingehalten hat. Denn hiernach wird für die (streitige) Rechtswegfrage eine für alle Gerichtszweige und Instanzen bindende, beschwerdefähige Vorabentscheidung vorgesehen. Ziel der in § 17a GVG getroffenen Regelungen ist es, dass die Frage der Rechtswegzuständigkeit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Verfahrens in der ersten Instanz abschließend geklärt und das weitere Verfahren nicht mehr mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechtswegs belastet werden soll.[11] Die in § 17a Abs. 5 GVG geregelte Beschränkung der Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts rechtfertigt sich nur daraus, dass die Rechtswegfrage vorab im Beschwerdeverfahren zu prüfen ist. Hat daher das FG verfahrensfehlerhaft entgegen § 17a Abs. 3 S. 2 GVG über die Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtsweges nicht vorab durch Beschluss entschieden oder erstmals im Urteil bzw. im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes geprüft und bejaht, obwohl dies von einem Beteiligten gerügt worden ist, darf der BFH trotz § 17a Abs. 5 GVG prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.[12] Ansonsten würde die vom Gesetzgeber gewollte Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs vorab im Rahmen der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG von dem Rechtsmittelgericht überprüfen zu lassen, aufgrund eines Verfahrensfehlers des FG abgeschnitten.[13] Allerdings kann eine Verletzung des § 17a Abs. 3 S. 2 GVG gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 295 Abs. 1 ZPO nicht mehr vor dem Rechtsmittelgericht gerügt werden, wenn der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung zur Sache rügelos verhandelt hat.

 

Rz. 5e

Hat das FG die Klage rechtsfehlerhaft durch Urteil als unzulässig abgewiesen, statt den Rechtsstreit gem. § 17a Abs. 2 GVG an das Gericht des zulässigen Rechtswegs z...

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