3.1 Frist

 

Rz. 14

Die Anhörungsrüge ist innerhalb einer – m. E. zu knapp bemessenen – Frist von 2 Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben und zu begründen. Bloßes Kennenmüssen löst die Frist nicht aus. Die Frist kann nicht verlängert werden. Bei Fristversäumung ist Wiedereinsetzung möglich.[1] Der Kenntnisnahme gleichzustellen ist, wenn eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit bewusst nicht wahrgenommen wird.[2]

Für die Berechnung der Zweiwochenfrist ist die Kenntnis des Prozessbevollmächtigten von der Gehörsverletzung entscheidend. Die später erlangte Kenntnis der Partei ist irrelevant. Diese muss sich die Kenntnis des Bevollmächtigten zurechnen lassen.[3]

Geprüft wird nur das fristgerechte Vorbringen. Gründe, die eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ergeben und die erst nach Fristablauf vorgebracht wurden, sind bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen.[4]

Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Bei dieser Jahresfrist handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, die der Wiedereinsetzung nicht zugänglich ist.

 

Rz. 15

Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache nicht erst, wenn eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit besteht, sondern schon dann, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für sie spricht. Zur Glaubhaftmachung reicht regelmäßig die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Bescheinigung eines Dritten über den Vorgang aus. Entscheidend ist die positive Kenntnis von der Gehörsverletzung. Von der Kenntnis ist bereits dann auszugehen, wenn der Betroffene und/oder sein Prozessbevollmächtigter die zur Begründung der Gehörsverletzung angeführten Tatsachen kennen, nicht erst dann, wenn sie darüber hinaus zu der Rechtsauffassung gelangt sind, dass diese Tatsachen die Erhebung einer Anhörungsrüge rechtfertigen.[5] Die Glaubhaftmachung kann noch nach Fristablauf erfolgen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung bestimmt sich regelmäßig nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung. Einer Glaubhaftmachung bedarf es nicht, wenn die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung erhoben wird.[6]

Ergibt sich die Gehörsverletzung ausnahmsweise nicht aus den Gründen der Entscheidung, ist der spätere Zeitpunkt der Kenntniserlangung, z. B. bei Akteneinsicht, maßgebend.

 

Rz. 16

Richtet sich die Anhörungsrüge gegen eine Entscheidung des Gerichts, die durch einfachen Brief bekannt gegeben wurde (z. B. Kostenbeschlüsse), gilt für den Beginn der Frist die Bekanntgabefiktion des Abs. 2 S. 3 (Dreitagefiktion). Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme kommt es nicht an. Nicht entscheidend ist auch, ob die Entscheidung formlos mitgeteilt werden durfte oder hätte zugestellt werden müssen.[7] Die Dreitagefiktion bezieht sich lediglich auf die Jahresfrist des § 133a Abs. 2 Satz 2 FGO, die an die Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung anknüpft. Dagegen beginnt die Zweiwochenfrist mit der tatsächlichen Kenntnis der Umstände, die die mögliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen.[8] Geht man – wie hier – weiterhin von der Zulässigkeit der Gegenvorstellung aus (Rz. 13), ist ungeklärt, ob hier analog § 133a FGO ebenfalls die Zweiwochenfrist gilt oder ob sie fristlos erhoben werden kann.[9]

3.2 Form

 

Rz. 17

Die Rüge ist schriftlich (oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle) bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, zu erheben. Es gelten die allgemeinen Regeln über das Schriftformerfordernis.[1]

3.3 Vertretungszwang

 

Rz. 18

Für das Rügeverfahren gilt der Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO nur, wenn sich die Rüge gegen eine Entscheidung wendet, die in einem Verfahren ergangen ist, für das Vertretungszwang besteht-[1]

Fraglich war zunächst, ob der Vertretungszwang auch für eine Rüge gegen die Ablehnung eines PKH-Antrags durch den BFH gilt. Dies wurde unter Geltung des § 62a FGO a. F. (bis 30.6.2008) verneint.[2] Denn auch für den beim BFH gestellten PKH-Antrag galt der Vertretungszwang nicht.[3] Da die Gesetzesbegründung zu § 62 FGO n. F. gleichwohl davon ausgeht, dass die Neuregelung keine materiellen Änderungen gegenüber dem bisherigen § 62a FGO a. F. gebracht hat[4], können die bisher anerkannten Ausnahmen vom Vertretungszwang weiterhin angewandt werden. Da der Vertretungs...

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