Rz. 12

Eine Tatbestandsberichtigung erfolgt anders als eine Berichtigung nach § 107FGO nur auf Antrag. Antragsberechtigt ist jeder Beteiligte i. S. d. § 57 FGO. Für einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim BFH ist der Vertretungszwang nach § 62 Abs. 4 FGO zu beachten.[1] Der Antrag auf Tatbestandsberichtigung muss substantiiert sein und damit die konkreten Unrichtigkeiten oder Unklarheiten bezeichnen. Es reicht nicht aus, dass ein Beteiligter seinen Antrag auf Tatbestandsberichtigung pauschal unter Hinweis auf eine Vielzahl umfangreicher Schriftsätze begründet, ohne im Detail anzugeben, inwiefern aus seiner Sicht der Tatbestand des Urteils unrichtig oder unklar ist.[2]

 

Rz. 13

Der Antrag ist binnen 2 Wochen nach Zustellung der vollständigen Entscheidung bei dem Gericht, dessen Entscheidung berichtigt werden soll, zu stellen.[3] Der Zeitpunkt der Zustellung ist gem. § 104 Abs. 1 S. 2 FGO auch bei verkündeten Urteilen für den Fristbeginn maßgebend.[4] Die gesetzliche Antragsfrist kann entsprechend § 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 224 Abs. 2 ZPO nicht verlängert werden. Eine Wiedereinsetzung in eine versäumte Antragsfrist ist nach § 56 FGO aber möglich.[5] Der Antrag auf Tatbestandsberichtigung hemmt nicht den Beginn der Rechtsmittelfrist.[6]

 

Rz. 14

Der Antrag erfordert darüber hinaus ein Rechtsschutzinteresse für die Berichtigung des Tatbestands.[7] An einer Tatbestandsberichtigung kann insoweit nur ein berechtigtes Interesse bestehen, als damit die Grundlagen für eine Urteilsergänzung nach § 109 FGO oder für eine Rechtsmittelentscheidung geschaffen werden sollen.[8] Dies folgt aus dem Gedanken, dass mit der Tatbestandsberichtigung im Ergebnis die zutreffenden Grundlagen für eine Rechtsmittelentscheidung geschaffen werden sollen (vgl. Rz. 1a). Daher besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Berichtigungsantrag, wenn das zu berichtigende Urteil rechtskräftig geworden ist und eine Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Unrichtigkeiten schon aus diesem Grund nicht vorliegen kann.[9] Auch ein bereits vor Eintritt der Rechtskraft gestellter Antrag kann insoweit unzulässig werden.[10] Der Antragsteller muss daher in seinem Tatbestandsberichtigungsantrag auch den sachlichen Zusammenhang der geltend gemachten Unrichtigkeit bzw. Unklarheit mit seinem (beabsichtigen) Vorbringen in der Rechtsmittelinstanz darlegen. Die FG entscheiden deshalb über einen Tatbestandsberichtigungsantrag üblicherweise erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und einer entsprechenden Eingangsmitteilung des BFH.

 

Rz. 15

Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die zu berichtigende Entscheidung unanfechtbar ist. Daher ist eine Berichtigung zu einer Entscheidung des BFH unzulässig, da gegen Entscheidungen des BFH kein Rechtsmittel gegeben sind und sich das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch nicht aus der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde zum BVerfG und einer Beschwerde zum EGMR herleiten lässt, weil in diesen Verfahren keine Tatbestandsbindung besteht.[11] Entsprechend kommt eine Tatbestandsberichtigung bei Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe und von Entscheidungen in Verfahren auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung sowie von Beschlüssen über eine einstweilige Anordnung ohne Zulassung der Beschwerde nicht in Betracht.

 

Rz. 16

Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt ferner, wenn sich der Berichtigungsantrag auf Tatsachen bezieht, die nicht entscheidungserheblich sind.[12] Tatsächliche Umstände, die nach der vom Gericht in seinem Urteil vertretenen Rechtsauffassung unter keinem Gesichtspunkt entscheidungserheblich sind, rechtfertigen daher auch keine Tatbestandsberichtigung.[13] Im Einzelfall kann aber ein Rechtsschutzbedürfnis auch für solche Berichtigungen bestehen, welche nach dem Urteil selbst nicht entscheidungserheblich sind, aber der Beteiligte ein Rechtsmittel gegen das Urteil mit dem zu berichtigenden Umstand begründen will oder schon begründet hat.[14] Insoweit wird einem Tatbestandsberichtigungsantrag aber dann regelmäßig das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn er sich auf Feststellungen tatsächlicher Art bezieht, die unter keinem Gesichtspunkt entscheidungserheblich sein können. Mit einer Tatbestandsberichtigung kann allerdings nicht die Aufnahme erst nach Zustellung des Urteils erfolgten Vorbringens oder nachgereichter Beweismittel in den Tatbestand und/oder eine nochmalige Würdigung des Beteiligtenvorbringens erreicht werden.[15]

 

Rz. 17

Ein Antrag auf Tatbestandsberichtigung ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Tatbestand im Widerspruch zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung steht. Denn der BFH hat eine Tatsache, die im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils nicht enthalten ist, auch ohne vorherige Tatbestandsberichtigung zu berücksichtigen, wenn sie in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung enthalten ist.[16] Denn nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 314 S. 2 ZPO kann die Beweiskraft des Tatbestands durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

 

Rz. 18

Nach Auffassung des FG München han...

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