5.3.1 Allgemeines

 

Rz. 48

Den Nachteil der unmittelbaren Methoden sollen die Verprobungsmethoden ausschließen. Sie sind darauf gerichtet, durch mittelbare Prüfungen Prüfungsfelder zu identifizieren, die prüfungswürdig erscheinen. Die Verprobungsmethoden sind regelmäßig Schlüssigkeitsprüfungen. Sie sollen ermitteln, ob das in der Buchführung ausgewiesene Ergebnis des ganzen Betriebs oder einzelner Betriebsteile/Kontengruppen schlüssig ist. Ihr Vorteil besteht darin, dass große Prüfungsfelder verhältnismäßig schnell auf Schlüssigkeit hin geprüft werden können. Ihr Nachteil liegt darin, dass sie nie den unmittelbaren Beweis für eine unrichtige steuerliche Behandlung erbringen können, sondern immer nur Indizien. Es bedarf regelmäßig weiterer Prüfungen durch die unmittelbaren Methoden, um festzustellen, worauf die Unschlüssigkeit beruht, bzw. ob die Ergebnisse wegen des Vorliegens besonderer, ungewöhnlicher Umstände nicht doch schlüssig sind[1]. An Verprobungsmethoden werden im Wesentlichen innerer und äußerer Betriebsvergleich, Vermögenszuwachsrechnung, Geldverkehrsrechnung sowie einige, für einzelne Steuerarten anwendbare Verprobungsmethoden (z. B. Debitorenprobe bei USt) angewandt[2].

[1] BFH v. 18.10.1983, VIII R 190/82, BStBl II 1984, 88, wonach eine Unterschreitung der Richtsätze für sich allein nicht zur Schätzung ohne weitere Ermittlungen berechtigt.
[2] Zu einer Übersicht vgl. Apitz, DStR 1985, 304; Harrmann, DB 1989, 540; Meyer, DStR 2005, 2114.

5.3.2 Betriebs- und Richtsatzvergleich

 

Rz. 49

Beim inneren Betriebsvergleich werden die Besteuerungsgrundlagen der zu prüfenden Periode durch Vergleich mit den Besteuerungsgrundlagen anderer Zeitabschnitte desselben Stpfl. verprobt. Auf diese Weise sollen Abweichungen von den "Normalverhältnissen" ermittelt werden, um hieraus Hinweise auf prüfungswürdige Zeiträume/Besteuerungsgrundlagen zu erhalten. Bei Anwendung des inneren Betriebsvergleichs ist besonders darauf zu achten, dass die Zeiträume, die verglichen werden, auch tatsächlich vergleichbar sind, d. h. keine wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sind (wie z. B. Betriebsvergrößerungen, wesentliche Investitionen, Einstellung von Teilbereichen, außerordentliche Erträge oder Aufwendungen). Diese Unterschiede müssen beim Betriebsvergleich berücksichtigt, d. h. neutralisiert werden.

 

Rz. 50

Beim äußeren Betriebsvergleich werden die Besteuerungsgrundlagen durch den Vergleich des geprüften Betriebs mit anderen, ähnlich strukturierten Betrieben verprobt. Der äußere Betriebsvergleich kann Einzelbetriebsvergleich (Vergleich mit einem oder einzelnen anderen Betrieben) oder Richtsatzvergleich (Vergleich mit den sich in der Richtsatzsammlung niedergeschlagenen Verhältnissen einer Vielzahl von Betrieben) sein[1]. Dem Richtsatzvergleich ähnelt der Vergleich der Abschreibungen eines Unternehmens anhand der AfA-Tabellen. Beim äußeren Betriebsvergleich muss, notfalls durch Umrechnungen, von der Individualität des einzelnen Betriebs, der geprüft wird, abstrahiert werden (Normalisierung), um die Vergleichbarkeit mit dem in die Richtsatzsammlung eingegangenen Durchschnitt der Richtsatzbetriebe herzustellen. Anschließend ist das nach den Richtsätzen ermittelte Ergebnis durch Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des geprüften Betriebs den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen (Entnormalisierung). Dabei sind Besonderheiten bei den Geschäftsgepflogenheiten, der Organisation, den Absatzmöglichkeiten, der Kundschaft, den Lieferanten und der Struktur der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (Verhältnis der wesentlichen Posten zueinander) zu berücksichtigen. Lässt sich eine solche Vergleichbarkeit nicht herstellen, etwa weil der Betrieb des Stpfl. wesentlich größer ist als die Richtbetriebe, sind die Richtsätze nicht anwendbar[2].

 

Rz. 51

Bei Anwendung des äußeren Betriebsvergleichs sind dem Stpfl. aus Gründen des Rechtsschutzes alle relevanten Einzelheiten des oder der Vergleichsbetriebe bekanntzugeben, um ihm die Möglichkeit zu geben, die Vergleichbarkeit zu überprüfen. Andererseits dürfen die Angaben über die Vergleichsbetriebe nicht so konkret sein, dass danach eine Identifizierung der Vergleichsbetriebe möglich wäre; dadurch würde das Steuergeheimnis verletzt[3]; vgl. auch § 30 AO Rz. 35c. Die Angaben über Vergleichsbetriebe müssen daher in anonymisierter Form gemacht werden. Lassen sich diese gegensätzlichen Anforderungen nicht gleichermaßen erfüllen, ist auf das Hinzuziehen dieser Betriebe als Vergleichsbetriebe zu verzichten.

 

Rz. 52

Bei Anwendung der Richtsatzsammlungen ist die Lage insofern anders, als diese ein bewährtes und weitgehend anerkanntes Verprobungsmittel darstellen[4]. Regelmäßig wird davon ausgegangen werden können, dass die Richtsätze sorgfältig und dem System der Richtsätze entsprechend aufgestellt werden. Insoweit wird der Stpfl. also nicht die Angabe aller Einzelheiten verlangen können, die zur Aufstellung der Richtsätze geführt haben. Es liegt an ihm, Einwendungen gegen die Ermittlung und das System der Richtsätze vorzubring...

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