Rz. 32

Nach § 96 Abs. 2 S. 2 AO ist die Ablehnung des in Aussicht genommenen bzw. bereits ernannten Sachverständigen der Finanzbehörde unverzüglich und damit ohne schuldhaftes Zögern[1] nach dessen Bekanntgabe unter Angabe und Glaubhaftmachung[2] der Ablehnungsgründe formfrei geltend zu machen. Das Gesetz gewährt für die Mitteilung eine Frist von zwei Wochen. Hierbei handelt es sich um eine – für die Finanzbehörde keine Informationspflicht auslösende – Ausschlussfrist. Durch die Befristung soll verhindert werden, dass Beteiligte einen Sachverständigen erst nach Bekanntwerden eines für sie ungünstigen Gutachtens ablehnen[3], Kosten für nicht verwertbare Gutachten entstehen und das Verfahren unnötig verzögert wird.[4]

 

Rz. 33

Eine Fristüberschreitung führt gem. § 96 Abs. 2 S. 3 AO nur dann nicht zum Erlöschen des Ablehnungsrechts, wenn der Beteiligte glaubhaft macht, dass der Ablehnungsgrund vorher nicht geltend gemacht werden konnte. Dies wird nur in Ausnahmefällen gegeben sein, etwa wenn der Beteiligte den Ablehnungsgrund trotz sorgfältiger Erkundigungen über die Person des Sachverständigen und dessen bisherige Tätigkeit nicht früher erfahren konnte oder das Gutachten selbst erst den Ablehnungsgrund schafft.[5]

 

Rz. 34

Über das Ablehnungsgesuch entscheidet nach § 96 Abs. 2 S. 4 AO die Finanzbehörde, die den Sachverständigen ernannt hat oder ernennen will. Da das Ablehnungsgesuch aus verfahrensökonomischen Gründen keine aufschiebende Wirkung hat[6], ist die Finanzbehörde berechtigt, noch vor ihrer Entscheidung über den Antrag den Sachverständigen zu ernennen und das Gutachten einzuholen. Der Beteiligte bleibt in einem solchen Fall mitwirkungspflichtig und hat dem Sachverständigen die für die Erstellung des Gutachtens notwendigen Informationen zu geben. Sofern erforderlich, hat er auch Augenscheinseinnahmen und Grundstücksbegehungen zu dulden. Hiergegen kann sich der Beteiligte nur mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO wenden. Richtigerweise wird hierzu vertreten[7], dass es sich jedenfalls dann, wenn das Ablehnungsgesuch nicht offensichtlich aussichtslos ist, aus Kostengründen geradezu aufdrängen wird, zunächst eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zu treffen und die Erstellung des Gutachtens bis dahin zurückzustellen. Dies gilt umso mehr, als bis zur bestandskräftigen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ein bereits erstattetes Gutachten nicht verwertet werden darf.[8]

[2] D. h. Darlegung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit; vgl. § 294 ZPO.
[3] BT-Drs. VI/1982, 135.
[4] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 96 AO Rz. 35; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 AO Rz. 10; Wagner, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 96 AO Rz. 6.
[5] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 96 AO Rz. 36.
[7] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 96 AO Rz. 39; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 96 AO Rz. 10; Wagner, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 96 AO Rz. 7.
[8] BFH v. 17.2.1987, IX R 172/84, BStBl II 1987, 501; Koenig/Haselmann, AO, 4. Aufl. 2021, § 96 Rz. 18.

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