Rz. 24

Die Aufforderung zur Abgabe der Versicherung an Eides statt ist ein Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO.[1] Die Finanzbehörde kann in den Fällen des freiwilligen Anerbietens der eidesstattlichen Versicherung durch den Beteiligten (vgl. Rz. 18ff.) auch konkludent durch entsprechende Verfahrensbereitschaft zur Abgabe auffordern.[2]

 

Rz. 25

Für die Aufforderung zur Abgabe der Versicherung an Eides statt gilt Schriftform.[3] In der Aufforderung ist der Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung so konkret zu bezeichnen, dass sich der Beteiligte hinreichend überdenken und auf den Termin vorbereiten kann. Im Anwendungsbereich des § 95 AO ist eine ergänzende Befragung ausgeschlossen.[4] Bestreitet der Beteiligte im Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, die Aufforderung zur Abgabe erhalten zu haben, bleibt nichts anderes übrig, als den Termin abzubrechen und die Aufforderung erneut zuzustellen. Angesichts des nicht erheblichen Aufwands zur Terminvorbereitung bietet sich eine formelle Zustellung an, mithilfe derer der Zugang der Aufforderung und der Zugangszeitpunkt belegbar sind. Gleichwohl gemachte Angaben und zusätzliche Auskünfte kann die Finanzbehörde nur nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO erlangen.

 

Rz. 26

Die Angaben, deren Richtigkeit versichert werden soll, sind dem Beteiligten nach § 95 Abs. 3 S. 1 AO mindestens eine Woche vor Aufnahme der Versicherung mitzuteilen. Durch diese Mindestfrist soll der Beteiligte vor einer übereilten und unüberlegten eidesstattlichen Versicherung und Überrumpelung bewahrt werden.[5] Sie ist eine – von der Finanzbehörde grundsätzlich nicht verkürzbare – Schutzfrist zugunsten des Beteiligten. Der Beteiligte kann aber auf die Einhaltung der Wochenfrist verzichten.[6] Dies folgt nicht zuletzt auch aus der Möglichkeit des freiwilligen Anerbietens der eidesstattlichen Versicherung selbst. Im Vergleich dazu muss die fristbezogene Disposition als die schwächere Rechtsdisposition erst recht möglich sein. Der Verzicht ist jedoch nur dann wirksam, wenn er nicht unter Verstoß gegen den Schutzzweck der Wochenfrist abgegeben wurde. Eine Überrumpelung oder eine Drucksituation zur Abgabe der Verzichtserklärung muss ausgeschlossen sein.

[1] Roser, in Gosch, AO/FGO, § 95 AO Rz. 13; Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 95 Rz. 34.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 3.
[4] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 95 AO Rz. 37; Urban, DStZ 1991, 397.
[5] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 6; Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 95 Rz. 6.
[6] Roser, in Gosch, AO/FGO, § 95 AO Rz. 7; Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 95 Rz. 22; a. A. Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 95 AO Rz. 37; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 6; Urban, DStZ 1991, 397.

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