1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 93d AO ermächtigt das BMF durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Daten nach § 93c AO vor der erstmaligen (regulären) Übermittlung an die Finanzverwaltung für Zwecke der Erprobung erhoben und übermittelt werden dürfen. Zulässig und wohl auch einzig zielführend ist die Verwendung von nicht-anonymisierten und nicht-pseudonymisierten Echtdaten mit dem Ziel, die Verfahren zur Übermittlung, Zuordnung und Einbeziehung in das Veranlagungsverfahren zu testen. Die Ermächtigungsgrundlage erlaubt hierbei ausdrücklich auch die Verwendung der Echtdaten zur Entwicklung, Überprüfung oder Änderung von automatisierten Verfahren der Finanzverwaltung, soweit dies zum erfolgreichen Abschluss der Arbeiten erforderlich ist. Im Zuge der Arbeiten am Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens[1] war noch nicht absehbar, ob von dieser Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht werden muss, sodass in diesem Zuge nicht zugleich eine Verordnung erlassen worden ist.

[1] BGBl I 2016, 1679.

2 Inhalt der Verordnungsermächtigung

 

Rz. 2

Die Verordnung betrifft ausschließlich Daten i. S. d. § 93c AO, also von am Besteuerungsverhältnis beteiligten Dritten erhobenen und beigestellten Daten. Unterliegen diese Daten indes dem Sozialgeheimnis, kann in der Rechtsverordnung ohne entsprechende Übermittlungsbefugnis in § 71 SGB X keine Mitteilungspflicht gegenüber Finanzbehörden für Zwecke der Erprobung begründet werden.[1] Grund hierfür ist, dass § 71 SGB X die Übermittlung von Sozialdaten nur dann zulässt, wenn dies der Erfüllung von gesetzlichen Mitteilungspflichten dient. Insoweit aber nur eine Regelung auf Ebene einer Verordnung durch § 93d AO ermöglicht wird und darüber hinaus die Übermittlung nicht der Sicherung des Steueraufkommens[2] dient, ist eine Regelung auf Verordnungsebene nicht ausreichend. Hier scheint es angezeigt, die Tests mit Daten vorzunehmen, die nicht dem Sozialdatengeheimnis unterfallen.

 

Rz. 3

Grund für die Aufnahme der Verordnungsermächtigung in die AO ist es, eine Vorab- Qualitätssicherung der technischen Verfahren bei den mitteilungspflichtigen Stellen und der Finanzverwaltung vornehmen zu können, um so nach Bereitstellung des technischen Verfahrens ohne weitere Nachbesserungen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen zu können.[3] Allerdings setzt die Ausnutzung der Verordnungsermächtigung voraus, dass die Verwendung von Echtdaten erforderlich sein muss. Hierzu muss der Nachweis geführt werden, dass die Verwendung von anonymisierten oder pseudonymisierten Daten als in das Recht der Betroffenen weniger einschneidende Maßnahme für die Tests nicht geeignet ist und daher nicht in Betracht kommt. Da Teil der Tests die Risikomanagementsysteme und das Verfahren zum Erlass eines vollautomatischen Steuerbescheids sein wird, liegt es aber auf der Hand, dass dies unter realitätsnahen Ausgangsbedingungen und daher mit den Daten getestet werden muss, mit denen dann auch im Normalbetrieb umgegangen werden muss.

 

Rz. 4

Die Verordnung muss Regelungen zur zeitlichen und zur sachlichen Anwendung enthalten. Neben dem Beginn sollte auch das Ende der voraussichtlichen Testperiode festgelegt sein, damit der Zeitpunkt der Löschung der für den Test erhobenen Daten nach S. 2 bestimmt werden kann. Überdies muss für den Betroffenen erkennbar sein, in welchem Umfang er zu Testzwecken mit Eingriffen in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht zu rechnen hat.

[1] Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/7457.
[3] Baum, NWB 38/2016, 2852, 2857.

3 Sonstiges

 

Rz. 5

Es mag durchaus ungewöhnlich sein, dass der Gesetzgeber der Finanzverwaltung für die Erprobung der Verfahren eine eigene Verordnungsermächtigung zugesteht. In der Vergangenheit wurden schon häufiger Echtdaten für die Erprobung von technischen Verfahren ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage verwendet. Allerdings sind neben dem Stpfl. und der Finanzverwaltung zwingend Dritte, nämlich die mitteilungspflichtigen Stellen zu einem Zeitpunkt an den Tests zu beteiligen, zu dem eine gesetzliche Pflicht zur Mitwirkung und eine rechtliche Grundlage für die Erhebung und Verwendung zum Zwecke der Übermittlung an die Finanzverwaltung jedenfalls noch nicht dem § 93c AO entnommen werden kann. Liegt die Zustimmung des Stpfl. zur weitergehenden Verwendung durch die mitteilungspflichtige Stelle nicht vor und dies wird wegen des hierdurch entstehenden hohen Aufwands, der mit der Einholung der Einwilligung beim Stpfl. verbunden ist, wohl kaum realisierbar sein, so ist der Umfang der Datenverarbeitung bei der erhebenden Stelle in geeigneter Weise durch Rechtsgrundlagen zu unterlegen. Wohl auch im Vorgriff auf die EU-Datenschutzgrundverordnung[1], die zum 25.5.2018 als unmittelbar geltendes Recht Anwendung findet, hat der Gesetzgeber besonderen Wert auf die datenschutzrechtliche Absicherung seines Vorhabens gelegt, was aus Sicht des Betroffenen ausdrücklich zu begrüßen ist.

[1] Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge