Rz. 8

Die nach Maßgabe der MV verpflichteten Einrichtungen sind nunmehr Behörden, andere öffentlich-rechtliche Stellen (vgl. Rz. 1) und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (d. h. Tonfunk- und Fernsehanstalten). Letztere werden ausdrücklich erwähnt, weil auch bei diesen umstritten ist, ob sie unter den Behördenbegriff des § 6 Abs. 1 AO fallen.[1] Ausdrücklich genannt sind das Bundesamt für Justiz[2], Flurbereinigungsbehörden[3], Gewerbeaufsichtsbehörden[4], die Bundesagentur für Arbeit[5], die nach Landesrecht für die Auszahlung der Coronahilfe (Soforthilfen für kleinere Unternehmen, Überbrückungshilfen, vergleichbare Billigkeitsleistungen) zuständigen Bewilligungsbehörden. Mit dem JStG 2020 wurde eigens mit § 93 Abs. 2 S. 2 AO die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, öffentliche Kreditinstitute insoweit zu Mitteilungen zu verpflichten, wie diese öffentliche Aufgaben (z. B. Förderbanken) übernehmen[6] und die Kassenärztliche Vereinigung.[7] Kirchen unterfallen nur in Ausnahmefällen der Mitteilungspflicht, da diese i. d. R. keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen werden. Anderes gilt nur insoweit, als dass diese ein vom Staat verliehenes Besteuerungsrecht wahrnehmen.[8]

 

Rz. 9

Die Verpflichtung dieser Einrichtungen zur Mitteilung besteht dauerhaft und spontan.[9] Eines Ersuchens bedarf es nicht. Die Verpflichtung der Normadressaten zu Auskünften[10], Anzeigen[11] und zur Amtshilfe[12] aufgrund anderer Vorschriften bleiben unberührt.[13] Die Vorschrift hat Ergänzungs- und Präventionscharakter. Die allgemeinen Mitwirkungs-, Steuererklärungs- und Beweispflichten wirken deshalb fort.

 

Rz. 10

Ausgenommen von der Mitteilungspflicht sind in Anlehnung an § 111 Abs. 3 AO die in § 93a Abs. 2 AO genannten Institutionen.[14] Diese sollen trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Trägerschaft wegen ihrer (potenziellen) Wettbewerbssituation zu privaten Anbietern diesen gegenüber nicht durch möglicherweise wettbewerbschädigende Mitteilungspflichten benachteiligt werden (Gebot der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts).[15] Darüber hinaus berücksichtigt die Entbindung von der Mitteilungspflicht das z. T. bestehende besondere Vertrauensverhältnis dieser Einrichtungen zu ihren Kunden.[16]

[1] Klein/Rätke, AO, 14. Aufl. 2018, § 93a Rz. 5.
[2] § 4a MV wegen Ordnungsgeldern nach § 335 HGB.
[3] § 5 MV wegen Ausgleichs- und Abfindungszahlungen.
[4] § 6 Abs. 1 MV wegen der Erteilung einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit.
[5] § 6 Abs. 2 MV wegen im Ausland ausgeführter Werkverträge.
[9] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93a AO Rz. 7; Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 93a AO Rz. 24; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 93a AO Rz. 6.
[10] Z. B. Einzelauskünften nach § 93 AO.
[11] Z. B. gem. § 116 AO.
[13] Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 93a Rz. 4; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93a AO Rz. 5; Klein/Rätke, AO, 15. Aufl. 2020, § 93a Rz. 2; AEAO, zu § 93a.
[14] Schuldenverwaltungen, Kreditinstitute, Betriebe gewerblicher Art i. S. d. KStG, öffentliche Beteiligungsunternehmen ohne Hoheitsbefugnisse, Berufskammern und Versicherungsunternehmen.
[15] Roser, in Gosch, AO/FGO, § 93a AO Rz. 1.
[16] Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 93a Rz. 4; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93a AO Rz. 4.

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