Rz. 54a

Obgleich der Zugriff unter Verwendung zwischengeschalteter technischer Datenbanken erfolgt, richtet sich der Abruf doch an die kontenführende Bank. Es handelt sich damit um eine spezialgesetzliche Ausprägung des Auskunftsersuchens an Dritte nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO und nicht um eine besondere Form der Amtshilfe durch zwischengeschaltete Institutionen (BZSt. und BAFIN).[1] Das Ersuchen richtet sich auf die nach Maßgabe der §§ 93b AO und 24c GWG zu erfassenden und bereitzustellenden Kontenstammdaten.[2] Hierbei haben die Kreditinstitute eine separate Datenbank zu führen, aus der die Stammdaten abgerufen werden können, ohne dass die Banken hiervon erfahren. Kontenstammdaten[3] sind

  • die Nummer des Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung i. S. d. § 154 Abs. 2 S. 1 AO unterliegt, eines Depots oder eines Schließfachs,
  • der Tag der Einrichtung und der Tag der Beendigung oder Auflösung des Kontos, Depots oder Schließfachs,
  • der Name, sowie bei natürlichen Personen der Tag der Geburt, des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten,
  • der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten[4] sowie
  • die nach § 154 Abs. 2a AO oder Art. 97 § 26 Abs. 5 EGAO zu erfassenden Daten zur Identifikation der Verfügungsberechtigten und wirtschaftlich Berechtigten eines Kontos.

Damit aber sind Kontenstände, einzelne Kontenbewegungen und Berechtigte einzelner Kontenverfügungen durch den Kontenabruf nicht zu ermitteln. Diese müssen im Rahmen eines separaten Auskunftsersuchens an die kontenführende Bank nach § 93 Abs. 1 S. 3 AO in Erfahrung gebracht werden. Im Interesse des Betroffenen ist eine Information des Kreditinstituts über die Durchführung eines Kontenabrufs von vornherein ausgeschlossen.

 

Rz. 54b

Schon heute ist der elektronische Kontenabruf möglich und zur Einsparung von personellen Ressourcen beim BZSt auch sehr erwünscht. Aus Sicht der Bedarfsträger ist mit Blick auf die deutlich kürzeren Antwortzeiten eine elektronische Abfragemöglichkeit durchaus zu begrüßen. So bietet das BZSt die Registrierung auf seinem Portal[5] an und bietet bei der Einrichtung des Zugangs zum elektronischen Verfahren umfangreiche Hilfestellungen an. Nach der Registrierung wird eine Aktivierungs-ID per Email und ein Aktivierungscode per Post zugesandt. Nach dem erstmaligen Login wird eine Zertifikatsdatei erzeugt, die auf dem Computer der abfragenden Behörde abzulegen ist. Mithilfe dieser Datei ist eine Onlineabfrage möglich.

Allerdings wird diese Möglichkeit wegen der sehr aufwendigen Anmeldeprozedur noch wenig genutzt. Es darf daher erwartet werden, dass die elektronische Abfrage kurzfristig für die in § 93 Abs. 7 und 8 AO genannten Bedarfsträger zur Pflicht werden dürfte. Ein erster Versuch zur Aufnahme eines entsprechenden § 93 Abs. 8a AO, der einen Kontenabruf nur noch über die nach § 87b AO eingerichteten Schnittstellen zugelassen hätte, wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes[6] durch den Bundestag aufgenommen, unterfiel aber letztlich der Diskontinuität. Es ist zu erwarten, dass zeitnah ein neuer Versuch unternommen wird.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93, Rz. 45.
[3] Vgl. AEAO zu § 93, Rz. 2.1.
[4] § 3 GWG.
[5] https://www.elsteronline.de/bportal/Oeffentlich.tax.
[6] BT-Drs. 18/9985, 18/10351.

5.3.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 55

Nach § 93 Abs. 7 AO in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung[1] war die für die Besteuerung zuständige Finanzbehörde[2] zur Durchführung eines Kontenabrufs berechtigt, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von – bundesgesetzlich geregelten[3] – Steuern erforderlich war. Der Kontenabruf war im gesamten Besteuerungsverfahren nach der AO, also nicht nur im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern grds. auch im Erhebungs-, Haftungs-, Rechtsbehelfs- und Vollstreckungsverfahren, zulässig. Vereinzelt geblieben ist allerdings die Rechtsauffassung, dass die Finanzbehörde bei einer beabsichtigten Auferlegung einer Sicherheitsleitung zur Aussetzung der Vollziehung[4] die Gefährdung des Steueranspruchs durch ein Negativtestat bzgl. inländischer Kontoverbindungen unter Beweis zu stellen hat.[5] Das Vorhandensein inländischer Konten steht der Annahme, der Steueranspruch sei gefährdet, nicht entgegen, sodass eine Abfrage nur in begründeten Einzelfällen zu fordern ist. Der Steuerfahndung stand das Kontenabrufverfahren gem. § 93 Abs. 7 AO jedenfalls insoweit offen, als der Amtsträger nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO im Besteuerungsverfahren tätig wurde. Im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO wird die Steuerfahndung hingegen als Strafverfolgungsbehörde tätig, sodass sich in diesen Fällen der Kontenabruf nur auf § 24c Abs. 3 KWG stützen konnte.

 

Rz. 55a

§ 93 Abs. 7 AO in der v. 1.1.2009 an geltenden Fassung beschränkt die Kontenabrufmöglichkeit auf die ausdrücklich im Gesetz bestimmten – auch nach Einführung der Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne noch Verifikationsbedarf auslösenden – Fäl...

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