Rz. 6

Das Recht auf Gehör wird nur Beteiligten[1] eingeräumt (zum Begriff des Beteiligten vgl. § 78 Rz. 10ff.). Andere Personen (Dritte) können in einem fremden Verfahren keinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend machen. Es steht der Finanzbehörde allerdings frei, im Rahmen des Besteuerungsverfahrens auch Nichtbeteiligte anzuhören. Die Ausübung des Anhörungsrechts stellt eine Mitwirkungshandlung dar, die Handlungsfähigkeit[2] des Beteiligten voraussetzt. Ist ein Beteiligter handlungsunfähig, so muss dem gesetzlichen Vertreter (z. B. den Eltern eines Minderjährigen oder dem Geschäftsführer einer GmbH) bzw. dem besonders Beauftragten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.[3] Dies gilt gleichermaßen bei der Bestellung eines Vertreters von Amts wegen.[4]

 

Rz. 7

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht deshalb verletzt, weil der ursprünglich Beteiligte wegen seines Todes nicht mehr gehört werden kann. Denn mit dem Tod des Beteiligten geht mit der Beteiligtenstellung zugleich der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs auf den Gesamtrechtsnachfolger über.[5] Im umgekehrten Fall steht einem Gesamtrechtsnachfolger auch dann noch ein Anhörungsrecht zu, wenn in einem den Erblasser betreffenden und gegen ihn begonnenen Verwaltungsverfahren dieser bereits gehört worden ist.[6]

 

Rz. 8

Ist für das Besteuerungsverfahren ein Bevollmächtigter[7] bestellt, so genügt es, diesem rechtliches Gehör zu gewähren.[8] Die Finanzbehörde kann sich aber auch unmittelbar an den Beteiligten wenden. Dieser kann nach wie vor persönlich Verfahrenshandlungen neben oder anstelle des Bevollmächtigten vornehmen. Ein eigenes Recht auf Anhörung hat der Bevollmächtigte im Verfahren des Vertretenen nicht.[9]

[3] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rz. 4; Koenig/Hahlweg, AO, 4. Aufl. 2021, § 91 Rz. 6; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 91 AO Rz. 39.
[5] BFH v. 27.8.1991, VIII R 84/89, BStBl II 1992, 9; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2021, § 91 Rz. 5; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 91 AO Rz. 9.
[6] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 91 AO Rz. 41.
[8] BFH v. 30.7.1980, I R 148/79, BStBl II 1981, 3; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 91 AO Rz. 7; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2022, § 28 VwVfG Rz. 23.
[9] BFH v. 21.8.1990, V B 46/90, BFH/NV 1990, 142; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 91 AO Rz. 40.

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