Rz. 18

Um ein unechtes Antragsverfahren handelt es sich hingegen, wenn eine Antragstellung nach dem Gesetz zwar nicht erforderlich, aber möglich und zweckmäßig ist.[1] Die Ausübung des Antragsrechts führt in diesen Fällen zumeist zu einem Wechsel des Verfahrensprinzips. Hat der Beteiligte keinen Antrag gestellt, so kann die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über den Verfahrensbeginn entscheiden (Opportunitätsprinzip). Nach Antragstellung greift das Legalitätsprinzip ein. Die Finanzbehörde ist zum Tätigwerden verpflichtet.[2] Der Beteiligte kann beanspruchen, dass über seinen Antrag entschieden wird. Beispiele für unechte Antragstatbestände sind Stundung[3], Erlass[4], der Antrag auf Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung[5], der Antrag auf Aufhebung der Vorläufigkeit[6], der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung[7] und Vollstreckungsaufschub.[8] Kein Antrag in diesem Sinne, sondern bloße Anregungen zur Einleitung eines Verwaltungsverfahrens, stellen Änderungsanträge nach §§ 164f., 172ff. AO dar.[9]

Im Falle der Rechtswidrigkeit eines Steuerbescheids hat die Änderung, soweit anderweitige formelle Hinderungsgründe nicht entgegenstehen, unabhängig davon, ob diese sich zugunsten oder zulasten des Stpfl. auswirkt, nach Maßgabe des Gesetzmäßigkeitsgrundsatzes[10] von Amts wegen zu erfolgen.

[1] Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 86 Rz. 12.
[2] Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 86 Rz. 4.
[9] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 86 AO Rz. 15.
[10] § 85 AO.

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