Rz. 15

In den Steuergesetzen finden sich mit steigender Tendenz auch Tatbestände, in denen das finanzbehördliche Tätigwerden von einer Antragstellung abhängt.[1] Abzugrenzen ist der Antrag auf Einleitung eines Verwaltungsverfahrens von der Ausübung steuerlicher Wahl- oder Optionsrechte, die im laufenden Verwaltungsverfahren, mithin nach der Einleitung des Verfahrens, auszuüben sind. Die Abgrenzung ist nicht immer ganz leicht vorzunehmen. Nach richtigem Verständnis sind allerdings nur solche, überwiegend in den Einzelsteuergesetzen enthaltene Regelungen nach § 86 Satz 2 AO zu beurteilen, die über das "Ob" der Verfahrenseinleitung, nicht aber über Umfang und Ergebnis des Verfahrens entscheiden. Insoweit einschlägig ist demgemäß der Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, bzw. die Ausübung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 2 UStG, wohingegen die Wahl der Veranlagungsart nach §§ 26, 26c EStG und die Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen auszuscheiden sind.[2] Eine verfahrenseinleitende Maßnahme darf in diesen Fällen erst ergriffen werden, wenn der Finanzbehörde ein wirksamer Antrag vorliegt.[3] Die Einleitung eines Besteuerungsverfahrens von Amts wegen ist ausgeschlossen. Der Antrag legt den Gegenstand des Verfahrens und das Verfahrensziel fest. Er bildet den Rahmen, über den die Finanzbehörde nicht hinausgehen darf, es sei denn, das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor.[4] Das Verfahren wird im Regelfall durch einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt abgeschlossen. Der Beteiligte hat es in der Hand, die Weiterführung des Verfahrens durch eine Antragsrücknahme zu unterbinden.

 

Rz. 16

Der Antrag ist in diesen Fällen also notwendige Verfahrensvoraussetzung. Das Verfahren beginnt mit dem Eingang des Antrags bei der Finanzbehörde. Ein Antrag stellt eine empfangsbedürftige Erklärung des Stpfl. dar, dessen Ziel und Umfang die zuständige Finanzbehörde nach seinem objektiven Erklärungswert zu beurteilen hat.[5] Diese kann zwar eine Antragstellung nach § 89 Abs. 1 AO anregen (bzw. ist hierzu im Einzelfall sogar verpflichtet), darf sie jedoch nicht als Verfahrenshandlung unterstellen. Anträge dienen im Besteuerungsverfahren regelmäßig zur Geltendmachung von Steuerminderungen, Steuervergünstigungen und Verfahrensrechten.[6] Dem Beteiligten steht ein Anspruch auf eine – ggf. auch ablehnende – Entscheidung durch Verwaltungsakt zu.

[1] Allgemein zur Anfechtbarkeit, Zurücknahme und Bindungswirkung von Anträgen Schick, StuW 1969, 361; Klemp, StuW 1972, 217; Birkenfeld, StuW 1977, 31.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 86 AO Rz. 10; weitgehender Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 86 AO Rz. 23f.
[3] Sperrwirkung, Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 22 VwVfG Rz. 27.
[4] Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 86 Rz. 13.
[5] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 86 AO Rz. 21a.
[6] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 86 AO Rz. 23.

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