Rz. 21

Nach § 112 BGB gilt der beschränkt Geschäftsfähige, der von seinem gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt worden ist, für solche Rechtsgeschäfte, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, als unbeschränkt geschäftsfähig. Ausgenommen sind nur solche Rechtsgeschäfte, für die nach § 112 Abs. 1 S. 2 BGB auch der Vertreter die Genehmigung des Familiengerichts einholen müsste. Auch im Besteuerungsverfahren ist der beschränkt Geschäftsfähige damit nicht nur Beteiligter[1], sondern auch verfahrenshandlungsfähig, soweit Gegenstand des Besteuerungsverfahrens die steuerlichen Angelegenheiten dieses Erwerbsgeschäfts sind. Im Übrigen – außerhalb des durch die Ermächtigung begrenzten Tätigkeitsbereichs – bleibt der beschränkt Geschäftsfähige verfahrenshandlungsunfähig. Die Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen – i. d. R. gem. § 1629 BGB die Eltern – i. S. v. § 107 BGB zu einzelnen Rechtsgeschäften, durch die der Minderjährige nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, begründet keine partielle Verfahrenshandlungsfähigkeit i. S. v. § 79 Abs. 1 Nr. 2 AO.[2]

 

Rz. 22

Der beschränkt Geschäftsfähige kann und muss, da insoweit der gesetzliche Vertreter nicht mehr handlungsfähig ist, Steuererklärungen abgeben und Steuerbescheide entgegennehmen, die den Betrieb betreffen. Er kann auch selbst Einspruch bzw. Klage einlegen. Die Verfahrenshandlungsfähigkeit bezieht sich aber nur auf die betrieblichen Steuern, also bspw. auf die Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Gewerbesteuer, Kraftfahrzeugsteuer in Bezug auf betriebliche Fahrzeuge, Versicherungsteuer etc.[3] Die Ermächtigung zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gibt keine Verfahrenshandlungsfähigkeit für den Bereich der persönlichen Steuern (ESt), da hier die Steuerpflicht nicht ausschließlich als Folge der geschäftlichen Betätigung gesehen werden kann, sondern sich auch aus dem persönlichen Bereich resultierende Tatbestände steuerlich auswirken.[4]

 
Hinweis

Die beschränkt geschäftsfähige Person kann daher weder wirksam eine Einkommensteuererklärung abgeben, noch ist eine Bekanntgabe eines Einkommensteuerbescheides an diese Person oder eine Anfechtung durch diese Person wirksam.

[2] BVerwG v. 31.7.1984, 9 C 156/83, DVBl 1985, 244; Mues, in Gosch, AO/FGO, § 79 AO Rz. 26.
[3] Vgl. Rz. 6; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 51.
[4] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 79 AO Rz. 52;Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 79 AO Rz. 17; Mues, in Gosch, AO/FGO, § 79 AO, Rz. 31.

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