Rz. 14

Die Einstandspflicht nach § 48 Abs. 2 AO wird durch privatrechtlichen Vertrag begründet. Damit entscheidet das bürgerliche Recht darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Grenzen die Übernahme einer entsprechenden Einstandspflicht wirksam ist. Im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften können die Beteiligten die Einstandspflicht frei ausgestalten, insbesondere darüber bestimmen, ob diese im Verhältnis zu der Verpflichtung des Steuerschuldners gleich- oder nachrangig sein soll und welchen zeitlichen und betragsmäßigen Umfang sie haben soll.[1]

 

Rz. 15

Als Formen vertraglicher Verpflichtung kommen vor allem die Bürgschaft[2], das Schuldversprechen[3], der Garantievertrag[4], die Hingabe eines Wechsels[5] und die kumulative Schuldübernahme (Schuldbeitritt)[6] in Betracht. Dagegen scheidet die in §§ 414f. BGB geregelte privative Schuldübernahme, durch die der Schuldübernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, als Verpflichtungsgrund aus, weil das Steuerschuldrecht die Auswechselung des sich aus dem Gesetz ergebenden Steuerschuldners durch einen Dritten nicht vorsieht.[7] Sog. Patronatserklärungen[8], begründen in der Regel keine vertragliche Verpflichtung i. S. v. § 48 Abs. 2 AO.[9]

Die Übernahme der Einstandsverpflichtung nach § 48 Abs. 2 AO kann auch durch einen Vergleich[10] zur Beilegung eines Streits über privatrechtliche Ansprüche zwischen dem Steuergläubiger und dem Dritten erfolgen.[11]

 

Rz. 16

Die Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Steuergläubiger kann nicht nur durch Vertrag zwischen dem Dritten und der Finanzbehörde, sondern auch durch einen Vertrag zwischen dem Dritten und dem Steuerschuldner begründet werden, durch den sich der Dritte zur Befriedigung des Anspruchs des Steuergläubigers verpflichtet. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Vereinbarung nicht nur Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsparteien begründet, sondern der Steuergläubiger unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung von dem Dritten zu fordern.[12] Ob das eine oder das andere gewollt ist, ist eine Frage der Vertragsauslegung[13], bei der in Zweifelsfällen die Auslegungsregel des § 329 BGB zu beachten ist.

[1] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 6.
[4] Vgl. dazu Palandt/Sprau, BGB, 81. Aufl. 2022, Einf. v. § 765 BGB Rz. 16.
[5] Vgl. Art. 9 und Art. 28 WG.
[6] Vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, Überbl v. § 414 BGB Rz. 2.
[7] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 AO Rz. 7; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 48 AO Rz. 10; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 6.
[8] Vgl. dazu Palandt/Sprau, BGB, 81. Aufl. 2022, Einf. v. § 765 BGB Rz. 21.
[9] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 AO Rz. 7; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 48 AO Rz. 10.
[11] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 AO Rz. 7; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 48 AO Rz. 10; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 48 Rz. 8; einschränkend Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 48 Rz. 6.
[12] Sog. berechtigender Vertrag zugunsten Dritter i. S. v. § 328 Abs. 1 BGB.

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