Rz. 70

Der durch das JStG 2008 neu gefasste Abs. 2 enthält erstmals eine gesetzliche Definition des Missbrauchsbegriffs, die inhaltlich allerdings nicht über die in der höchstrichterlichen Rspr. entwickelten und seit vielen Jahrzehnten angewandten Merkmale hinausgeht.[1] Das in der Begründung des RegE des JStG 2008 formulierte Ziel, der aus Sicht des Gesetzgebers zu kasuistischen Anwendungspraxis bei § 42 AO entgegenzutreten, die Vorschrift im Interesse der Gleichmäßigkeit, aber auch der Rechtssicherheit der Besteuerung präziser zu fassen und ihre Anwendung dadurch effektiver zu gestalten[2], hat die Gesetzesänderung damit nicht erreicht. Dies kann aber nicht verwundern, weil sich die den Missbrauchsbegriff bestimmenden Merkmale der Unangemessenheit der rechtlichen Gestaltung und des gesetzlichen Nichtvorgesehenseins eines sich daraus ergebenden Steuervorteils einer allgemeingültigen Definition entziehen und nur im Einzelfall feststellen lassen.[3]

Abs. 2 teilt die Definition des Missbrauchsbegriffs in zwei Sätze auf. S. 1 umschreibt die positiven Merkmale des Missbrauchsbegriffs. S. 2 formuliert die Voraussetzungen, unter denen trotz Erfüllung der Merkmale des S. 1 kein Missbrauch vorliegt. Diese Aufteilung dürfte im Zusammenhang damit stehen, dass der Gesetzgeber dem Stpfl. in S. 2 den Nachweis der negativen Tatbestandsmerkmale auferlegt.

[1] Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 68; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 42 Rz. 45.
[2] BT-Drs. 16/6290, 81.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 42 AO Rz. 15.

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