1.5.1 Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 13

§ 42 AO gilt uneingeschränkt für alle Steuerarten.[1] Aus der unterschiedlichen Struktur der gesetzlichen Regelungen für die einzelnen Steuern kann sich lediglich ein unterschiedlich großer Anwendungsbereich für die Vorschrift ergeben, nicht aber ein allgemeiner Ausschluss ihrer Anwendbarkeit auf eine bestimmte Steuer.[2] In den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen belastende ebenso wie begünstigende Regelungen und Vorschriften materieller ebenso wie solche formeller Art.[3]

 

Rz. 14

§ 42 AO gilt nicht nur für rein innerstaatliches Recht, sondern auch für solches, das der Transformation völkerrechtlicher Verträge (Doppelbesteuerungsabkommen)[4] oder der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union dient, wobei im letzteren Fall allerdings eine bereichsspezifische Auslegung unter Beachtung des zugrunde liegenden Gemeinschaftsrechts geboten sein kann.[5]

Auch beim Vollzug unmittelbar anwendbarer Vorschriften des Unionsrechts und evtl. zu ihrer Durchführung ergangener Vorschriften des innerstaatlichen Rechts findet § 42 AO Anwendung.

Schließlich gilt § 42 AO auch für kommunale Abgaben und Kirchensteuern, soweit die Kommunalabgaben- und Kirchensteuergesetze der Länder auf die Vorschriften der AO verweisen.[6]

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 19; Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 18; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 42 AO Rz. 4.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 19; Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 18.
[4] BFH v. 29.10.1997, I  R 35/96, BStBl II 1997, 235; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 19; vgl. im Einzelnen zu Begriff und Anwendbarkeit Paschen, Steuerumgehung im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2001, 124.

1.5.2 Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 15

§ 42 AO ist auf alle Stpfl. – gleichviel, ob es sich um natürliche oder um juristische Personen handelt – anwendbar. Er gilt nicht nur bei unbeschränkter, sondern auch bei beschränkter Steuerpflicht.[1]

1.5.3 Zeitlicher Anwendungsbereich

1.5.3.1 Fassung vom 20.12.2001

 

Rz. 16

Das StÄndG 2001 ist nach Art. 39 am Tag nach seiner Verkündung, d. h. am 23.12.2001, in Kraft getreten. Obwohl das Gesetz keine Übergangsregelung zur Anwendung des neu gefassten § 42 AO getroffen hat, erscheint es fraglich, ob die Neufassung auf vor ihrem Inkrafttreten verwirklichte Steuerfälle anwendbar ist. Dies wäre allenfalls dann unproblematisch, wenn es sich bei der Anfügung des Abs. 2 um eine bloße Klarstellung gehandelt hätte. Wie sich aus der Begründung des RegE des StÄndG 2001 ergibt, ging es dem Gesetzgeber aber gerade darum, die sich aus der Rspr. des BFH ergebende Abschirmwirkung spezieller Missbrauchstatbestände zu beseitigen und damit den Anwendungsbereich des § 42 AO zu erweitern.[1] Da es sich bei § 42 Abs. 2 AO auch nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern um eine Regelung des Steuerschuldrechts handelt, die den Steueranspruch gestaltet, bedeutet ihr Inkrafttreten am 23.12.2001, dass sie sich mangels ausdrücklicher Rückwirkungsanordnung nur auf von diesem Zeitpunkt an entstehende Steueransprüche auswirken und keine Rückwirkung auf früher entstandene Steueransprüche entfalten kann.[2]

[2] FG Düsseldorf v. 4.3.2002, 17 K 3669/98, EFG 2002, 693; FG Düsseldorf v. 10.9.2002, 6 K 3666/98, EFG 2003, 20; unklar BFH v. 20.3.2002, I R 63/99, BStBl II 2003, 50, der eine Rückwirkung des § 42 Abs. 2 AO auf in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte "unter den im Streitfall gegebenen Umständen" verneint.

1.5.3.2 Fassung vom 20.12.2007

 

Rz. 17

Nach Art. 97 § 7 S. 1 EGAO ist § 42 AO i. d. F. des JStG 2008 ab dem 1.1.2008 für Kalenderjahre, die nach dem 31.12.2007 beginnen, anzuwenden. Für Kalenderjahre, die vor dem 1.1.2008 liegen, ist nach Art. 97 § 7 S. 2 EGAO § 42 AO in der am 28.12.2007 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Unklar ist, ob sich die zeitliche Anwendungsregelung nur auf die steuerlichen Wirkungen oder auf die ihnen zugrunde liegenden Lebenssachverhalte bezieht. Im ersten Fall wäre die Neuregelung ab dem Kalenderjahr 2008 auch der steuerlichen Beurteilung solcher Sachverhalte zugrunde zu legen, die bereits früher verwirklicht wurden. Im zweiten Fall bliebe die frühere Fassung der Vorschrift für bis zum 31.12.2007 verwirklichte Sachverhalt auch nach diesem Zeitpunkt maßgebend. Da der Gesetzgeber einerseits ein alsbaldiges Wirksamwerden der Neurege...

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