2.2.1 Formale Voraussetzungen

 

Rz. 4

Die Finanzbehörde darf einen Antrag nach § 401 AO nur im Falle einer Steuerstraftat i. S. d. § 369 AO stellen, da sie nur in diesen Fällen zuständig ist. Ferner darf wegen dieser Tat aus tatsächlichen Gründen keine Person verfolgt oder verurteilt werden.[1] Die selbständige Anordnung der Einziehung kommt demnach bei Einstellung aus Opportunitätsgründen gem. §§ 153, 153 a, 154[2], 154a, 205 StPO in Betracht, z. B. bei Flucht oder dauernder Verhandlungsfähigkeit des Täters, bzw. das Gericht sieht von Strafe ab oder die Strafverfolgung wird aus Opportunitätsgründen nicht fortgesetzt.[3]  Gerade das Absehen von weiterer Strafverfolgung hat durch eine intensive Nutzung der § 153 und § 153a StPO in der Praxis eine große Bedeutung. Zu diesen Gründen hinzugekommen[4] ist die Einstellung des Verfahrens nach § 398a AO, der eine Strafverfolgung nach Entrichtung der selbst angezeigten hinterzogenen Steuer sowie einen darauf entfallenden Betrag von 5 % nicht mehr zulässt. Auch ein Strafklageverbrauch[5] oder Verjährung der Strafverfolgung[6] schließen die selbständige Anordnung der Einziehung nicht aus. Hat das Gericht im subjektiven Verfahren über die Einziehung entschieden, so kommt eine selbständige Anordnung im objektiven Verfahren, auch bei neuen Tatsachen, nicht mehr in Betracht.[7] Die absolute Verjährung tritt gem. § 76b StGB im Falle der erweiterten Einziehung nach 30 Jahren ein. Ein Antrag durch das FA auf Anordnung der Einziehung in den Fällen, in denen die Herkunft von Vermögen unklar ist, aber mangels Bezugs zu einem Täter nicht aufklärbar ist[8] kommt grundsätzlich eine selbständige Einziehung nach § 76 StGB in Betracht. Dies gilt allerdings nach § 76a Abs. 4 S. 3 Nr. 2 StGB nur in den dort genannten Fällen der Steuerverkürzung in dem Bereich der organisierten Kriminalität[9], in denen die Zuständigkeit für die Strafverfolgung regelmäßig nach § 386 AO bei der Staatsanwaltschaft liegt.

Die Verhängung einer Verbandsgeldbuße schließt die gesonderte Anordnung der Einziehung gem. § 30 Abs. 5 OWiG ebenfalls aus.

 

Rz. 5

Die Staatsanwaltschaft, bzw. im selbständigen Verfahren die Finanzbehörde, stellt den Antrag der Einziehung im objektiven Verfahren gem. § 435 StPO, wenn die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist; es muss also eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Anordnung bestehen.[10] Der Inhalt des Antrags richtet sich nach § 435 Abs. 2 StPO. Anzugeben ist danach der Gegenstand oder der Geldbetrag, der dessen Wert entspricht. Ferner ist anzugeben, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen. Schließlich sind die weiteren Angaben einer Anklageschrift nach § 200 StPO im Antrag aufzunehmen.

[2] Nach BGH v. 1.8.2018, 1 StR 326/18, wistra 2019, 97 ist die Anordnung der Einziehung im subjektiven Verfahren nicht für die Taten zulässig, die gem. § 154 StPO eingestellt wurden, so dass für diese Taten nur eine Einziehung im objektiven Verfahren möglich ist.
[4] Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) v. 28.4.2011, BGBl I 2011, 676.
[5] Korte, wistra 2018, 1 (7).
[8] "Non conviction based confiscation".
[9] Bandenmäßige Umsatz- und Verbrauchssteuerhinterziehung, gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel und gewerbs- und bandenmäßige Steuerhehlerei, §§ 370 Abs. 3 Nr. 5, 373, 374 Abs. 2 AO.
[10] BT-Drs. 18/9525, 91.

2.2.2 Materielle Voraussetzungen

 

Rz. 6

Die materiellen Voraussetzungen für die Einziehung ergeben sich aus den §§ 73-76b StGB, die gem. § 369 Abs. 2 AO auch für Steuerstraftaten gelten. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Einziehung von Taterträgen[1] und der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten.[2] Gemeinsame Vorschriften für beide Formen der Einziehung finden sich in §§ 75-76b StGB.

2.2.2.1 Materielle Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen

 

Rz. 6a

Durch die Einziehung von Taterträgen sollen dem Täter die Vorteile aus der Tat genommen werden. Im Bereich der Steuerstraftaten betrifft dies regelmäßig die ersparten Steuern oder die erlangten Vorteile aus anderen Steuerstraftaten (z. B. Schmuggel). § 73 Abs. 1 StGB erfasst alles, was durch oder für die rechtswidrige Tat erlangt wurde. Erfasst werden damit Steuererstattungen sowie ersparte Steueraufwendungen.[1] Hat der Täter diese jedoch verbraucht, so richtet sich die Einziehung nach § 73c StGB.[2]

Die Berechnung der Taterträge erfolgt nach dem "Bruttoprinzip".[3] Abzugsfähig sind für den Täter gem. § 73d Abs. 1 S. 1 StGB nicht inkriminierte konkrete Aufwendungen des Täters (z. B. Material- oder Personalkosten), nach § 73 Abs. 1 S. 2 StGB nicht aber dasjenige, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.[4]

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