Rz. 4

Der Verteidiger ist nach ganz h. M. als ein dem Strafgericht und der Staatsanwaltschaft gleichgeordnetes Organ der Rechtspflege anzusehen.[1] Er handelt als Beistand des Beschuldigten und im Strafverfahren nicht als dessen Vertreter. Der Verteidiger handelt in seiner Stellung selbstständig in eigenem Namen, und ist an Weisungen seines Mandanten nicht gebunden.[2]

 

Rz. 5

Aufgabe des Verteidigers ist es, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, die gesetzlich normierten Verteidigungsrechte in vollem Umfang wahrzunehmen und "Waffengleichheit" mit den Strafverfolgungsbehörden herzustellen. Zu den Rechten und Pflichten des Verteidigers s. Rz. 41ff. Der Beschuldigte wird durch die Tätigkeit des Verteidigers in die Lage versetzt, seine prozessualen Rechte und Möglichkeiten selbstständig und unabhängig von den anderen Verfahrensbeteiligten zu nutzen. Der Verteidiger hat darauf zu achten, dass die Zugriffe der Strafverfolgungsbehörden im rechtsstaatlich einwandfreien Rahmen ablaufen und die strafprozessualen Förmlichkeiten beachtet[3] und alle für seinen Mandanten günstigen Umstände erörtert und im Verfahren berücksichtigt werden.

 

Rz. 6

Grenzen der Verteidigung ergeben sich durch das anwaltliche Standesrecht und durch das allgemeine Strafrecht, hier insbesondere die §§ 257258 StGB, die die Begünstigung und die Strafvereitelung unter Strafe stellen.[4]

Der Verteidiger muss trotz seiner Stellung als Organ der Rechtspflege nicht, wie die übrigen Strafverfolgungsorgane, objektiv zur Wahrheitsfindung beitragen. Er darf sich vielmehr einseitig darauf beschränken, Entlastendes vorzubringen, und darf ihm bekannte belastende Tatsachen verschweigen. Ein Strafverteidiger darf, ohne sich dem Vorwurf einer Begünstigung auszusetzen, selbst dann noch einen Freispruch anstreben, wenn er die Schuld seines Mandanten kennt, solange er sich jeder bewussten Verdunkelung des Sachverhalts enthält und sich bei seinem Vorgehen auf verfahrensmäßig erlaubte Mittel beschränkt.[5] Der Verteidiger darf also die Wahrheitsfindung nicht behindern und z. B. Zeugen oder Sachverständige nicht zu einer unrichtigen Aussage bewegen.

[1] Ausführlich Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, Vor § 137 StPO Rz. 1 m.  w. N.
[2] Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, Vor § 137 StPO Rz. 1.
[3] OLG München v. 28.11.1975, 1 Ws 1304/75, NJW 1976, 252.
[4] Willnow, in KK-StPO, 9. Aufl. 2023, Vorbem. zu §§ 137-150 StPO, Rz. 7, 10f.
[5] So schon BGH v. 20.5.1952, 1 StR 748/51, BGHSt 2, 375, 377.

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