Rz. 41

Die Staatsanwaltschaft kann die Steuerstrafsache jederzeit evozieren. Das Evokationsrecht der Staatsanwaltschaft besteht solange, wie auch die selbstständige Rechtsstellung der Finanzbehörde im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren besteht[1], also auch noch nach Stellung des Strafbefehlsantrags ggf. bis zur Terminierung der gerichtlichen Hauptverhandlung.

Die Evokation durch die Staatsanwaltschaft liegt, wie umgekehrt die Abgabe durch die Finanzbehörde, in deren pflichtgemäßem Ermessen. Besondere Voraussetzungen für die Evokation sieht § 386 Abs. 4 S. 2 AO nicht vor. Die Staatsanwaltschaft braucht demgemäß ihre Handlung nicht zu begründen. Die Finanzbehörde hat keine Möglichkeit, der Evokation zu widersprechen.[2] Auch der Beschuldigte hat gegen die Evokation keine Rechtsbehelfsmöglichkeit. Hält der Beschuldigte eine Evokation für geboten, so hat er keinen Anspruch darauf, dass die Staatsanwaltschaft eine solche ausspricht. Er kann lediglich eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder eine Gegenvorstellung erheben.[3]

 

Rz. 41a

Bei der Ermessensausübung gelten für die Staatsanwaltschaft ähnliche Erwägungen wie die Finanzbehörde. Nach Abschn. 267 RiStBV macht die Staatsanwaltschaft von ihrem Evokationsrecht Gebrauch, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, etwa wenn der Umfang und die Bedeutung der Steuerstraftat/Zollstraftat dies nahe legen, wenn die Steuerstraftat/Zollstraftat mit einer anderen Straftat zusammentrifft oder wenn der Verdacht der Beteiligung eines Angehörigen der Finanzverwaltung besteht. Im Interesse einer einheitlichen Strafzumessungspraxis unterrichtet sich der Staatsanwalt über die den Strafbefehlsanträgen der Finanzbehörde zugrunde liegenden allgemeinen Erwägungen. Hat die Staatsanwaltschaft von ihrem Evokationsrecht keinen Gebrauch gemacht, so darf sie keine Fachaufsicht über die Finanzbehörde ausüben und keine Weisungen erteilen.[4] Diese stehen, in auf allgemeine Weisungen begrenztem Umfang, allein der der Finanzbehörde vorgesetzten Behörde zu.

[1] Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 386 AO Rz. 101; Peters, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 386 AO Rz. 143; a. A. Wannemacher/Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 386 AO Rz. 36.
[3] Beyer, AO-StB 2014, 58.
[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 386 AO Rz. 26.

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