7.1 Strafrahmen

 

Rz. 50

Der Grundtatbestand des § 374 Abs. 1 AO enthält einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Bei Begehung einer qualifizierten (gewerbs- oder bandenmäßigen) Steuerhehlerei gem. § 374 Abs. 2 S. 1 AO ist der Täter mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu bestrafen, in minder schweren Fällen[1] sieht das Gesetz gem. § 374 Abs. 2 S. 2 AO einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Der Strafrahmen der versuchten Steuerhehlerei bestimmt sich nach § 374 Abs. 3 AO i. V. m. § 23 Abs. 2 StGB.

[1] Näher zum minder schweren Fall vgl. Nikolaus, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 373 AO Rz. 84, 85.

7.2 Strafzumessungsgesichtspunkt des Hinterziehungsbetrags

 

Rz. 51

Wesentlicher Gesichtspunkt der Strafzumessung ist die Handelsmenge und damit die Höhe der durch die jeweilige Vortat hinterzogenen Verbrauchsteuern und Einfuhrabgaben.[1] Dies entspricht dem von § 374 AO unter Strafe gestellten Tatunrecht, das in der Aufrechterhaltung eines vom Vortäter geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustands liegt.[2]

 

Rz. 52

Da bestimmender Strafzumessungsgrund bei Steuerstraftaten die Höhe der hinterzogenen Steuerbeträge ist, ist auch beim Teilnehmer der Umfang der geschmuggelten Waren (z. B. Zigaretten) strengbeweislich – d. h. gem. §§ 244256, 261 StPO[3] – aufzuklären. Ein bloßer Verweis des Gerichts auf Berichte der Zollfahndung ist unzulässig.[4]

 

Rz. 53

Die Berechnung der Höhe der hinterzogenen Steuerbeträge ist nachvollziehbar im Urteil darzustellen.[5] Enthält ein gerichtliches Urteil nur die Angabe eines Gesamtbetrags der hinterzogenen Beträge, so stellt dies – wie auch sonst das Fehlen von Feststellungen zu den für die Besteuerung maßgeblichen Parametern (Besteuerungsgrundlagen) – einen Rechtsfehler dar[6] und die Einlegung eines Rechtsmittels (Berufung oder Revision) hat Aussicht auf Erfolg.

[1] BGH v. 28.6.2011, 1 StR 37/11, wistra 2011, 394; vgl. auch BGH v. 9.6.2011, 1 StR 21/11, wistra 2011, 348; OLG Hamm v. 3.2.2022, 5 RVs 136/21, BeckRS 2022, 2176. Zur Ermittlung des Hinterziehungsbetrags s. ausführlich Nikolaus, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 373 AO Rz. 18–21; vgl. auch BGH v. 19.8.2009, 1 StR 314/09, wistra 2010, 30; BGH v. 7.6.2004, 5 StR 554/03, wistra 2004, 348; vgl. auch OLG Braunschweig v. 18.3.2015, 1 Ss 4/14, ZAP EN-Nr. 461/2015 m. w. N.; mit Anm. Ebner, jurisPR-SteuerR 29/2015 Anm. 2.
[3] Näher zum Strengbeweisverfahren Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 244 StPO Rz. 6.
[4] LG Lübeck v. 23.6.2011, 1 Ns 15/11, SchlHA 2012, 152.
[5] LG Lübeck v. 23.6.2011, 1 Ns 15/11, SchlHA 2012, 152.

7.3 Gesamtstrafenbildung – § 53 StGB

 

Rz. 54

Auch wenn eine Gesamtstrafe angesichts der Vielzahl der Einzeltaten sehr niedrig ausfällt, kann sie ebenso wie die Einzelstrafen – unter Berücksichtigung aller nach § 46 StGB für die Strafzumessung erheblichen Umstände – angemessen i. S. v. § 354 Abs. 1a S. 1 StPO sein. Dies kann selbst dann gelten, wenn das Gericht in seinen Urteilsfeststellungen den Betrag hinterzogener Einfuhrabgaben neben z. B. der Tabaksteuer gänzlich unberücksichtigt ließe.[1]

7.4 Strafschärfende Aspekte

 

Rz. 55

Zulasten des Täters ist zu berücksichtigen, wenn der von diesem begangenen Steuerhehlerei mehrere Vortaten zugrunde lagen[1], z. B. nicht nur die Hinterziehung deutscher Tabaksteuer, sondern auch die Hinterziehung von Einfuhrabgaben in Polen. Denn das Tatunrecht der nach § 374 AO strafbaren Steuerhehlerei besteht in der Aufrechterhaltung des von einem oder mehreren Vortätern geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustands. Die z. B. in Polen verkürzten Abgaben sind auch nicht nachträglich durch das Verbringen der Zigaretten nach Deutschland entfallen.[2]

[1] BGH v. 9.6.2011, 1 StR 21/11 m. w. N., wistra 2011, 348.
[2] BGH v. 9.6.2011, 1 StR 21/11 m. w. N., wistra 2011, 348; vgl. auch Rz. 51.

7.5 Strafmildernde Gesichtspunkte

 

Rz. 56

Auch bei § 374 AO gelten die allgemeinen Strafmilderungsgründe, wie z. B. ein Geständnis oder eine Schadenswiedergutmachung durch den Täter.[1] Weiter ist bei § 374 AO zu beachten, dass der Schuldumfang einer Steuerhehlerei zwar alle, d. h. auch die im Ausland verkürzten Einfuhrabgaben und Verbrauchsteuern umfasst, doch haben die Auslandssteuern bei der Strafzumessung außer Betracht zu bleiben[2], da die Ware grundsätzlich nicht mit den Verbrauchsteuern mehrerer Mitgliedstaaten belastet werden soll.[3]

 

Rz. 56a

Ein minder schwerer Fall ist nur anzunehmen, wenn die gebotene Gesamtwürdigung zu einem beträchtlichen Überwiegen der mildernden Faktoren führt.[4] Allein der Hinweis auf fehlende Vorstrafen – ein anerkannter Strafmilderungsgrund – reicht hierfür nicht aus.[5] Auch kann der Strafrahmen des § 374 Abs. 2 S. 2 AO nicht damit gerechtfertigt werden, dass der vom Täter persönlich gezogene Vorteil deutlich geringer sei als der Steuerschaden, denn es ist keine Besonderheit, wenn die bei legalem Vorgehen zu entrichte...

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