Rz. 264

Nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO ist die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige auch dann ausgeschlossen, wenn eine der zum Berichtigungsverbund gehörenden unverjährten Steuerstraftaten nicht vollständig, sondern nur teilweise entdeckt worden ist. Die Annahme der Tatentdeckung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Entdecker nicht alle Einzelheiten des Tatgeschehens wahrgenommen hat.

 

Rz. 265

Umstritten ist, ob als Tatentdeckung auch Erkenntnisse über Vorbereitungshandlungen und Vorstufen der Steuerhinterziehung ausreichen, also z. B. das Auffinden gefälschter Belege. Teilweise wird dies verneint, da einerseits dann die Tat noch nicht als Steuerstraftat entdeckt sei und andererseits die Verurteilungswahrscheinlichkeit zu verneinen sei, da Vorbereitungshandlungen als Vorstufe des Tatbestands gerade nicht strafbar sind.[1] Da jedoch nach allgemeiner Meinung nicht der gesamte Umfang der Tatfolgen festgestellt worden sein muss, und nach der Rspr. des BGH ausreichend ist, wenn erstens im jeweiligen Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für die Tat vorliegen und zweitens die Verurteilungswahrscheinlichkeit auf der Grundlage des frühen Stadiums des Strafverfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. Rz. 254f.), dürften auf Basis dieser zutreffenden Rechtsprechung auch Erkenntnisse über Vorbereitungshandlungen und Vorstufen der Steuerhinterziehung für eine Tatentdeckung ausreichen.[2]

 

Rz. 266

Wann eine Teilentdeckung vorliegt, ist für jede Einzeltat nach der Steuerart und dem Besteuerungszeitraum zu bestimmen.

 
Praxis-Beispiel

A hat in seiner ESt-Erklärung 2013 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einerseits die Betriebseinnahmen "gemindert", andererseits die Betriebsausgaben durch gefälschte Belege "erhöht". Er hat ferner die Einkünfte aus Kapitalvermögen unvollständig erklärt. Entdeckt wird die "Erhöhung" der Betriebsausgaben. A zeigt die anderen falschen Angaben an und korrigiert sie.

Insgesamt wirken die Anzeige und Korrektur nicht strafbefreiend.[3]

[1] Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 321; Kohler, in MüKo StGB Bd. 7, 2. Aufl., § 371 AO Rz. 272; Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 59. Lfg. 11/17, § 371 AO Rz. 647, 755.
[2] BGH v. 13.5.1987, 3 StR 37/87, wistra 1987, 295.
[3] Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 319f.; a.  A. Pfaff, DStR 1972, 417, der nach den einzelnen Einkunftsarten teilen und insoweit die Straffreiheit zulassen will.

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