Rz. 239

Gewerbsmäßig i. S. d. § 26c UStG handelt, wer den Grundtatbestand des § 26b UStG mit der Absicht verwirklicht, sich durch die wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.[1] Hierfür ist es ausreichend, wenn sich der Täter mittelbare Vorteile aus der Tathandlung verspricht, z. B. wenn die Vermögensvorteile an eine von ihm beherrschte Gesellschaft oder einen von ihm beherrschten Verein fließen und er ohne Weiteres auf diese Vorteile zugreifen kann.[2] Eines tatsächlichen Zugriffs auf die Vorteile bedarf es nicht.[3] Insoweit besteht inhaltliche Übereinstimmung mit dem auch in zahlreichen anderen Normen des Strafrechts gebrauchten Begriff der Gewerbsmäßigkeit, der ein subjektives Element der Vorgehensweise des Täters beschreibt.[4]

 

Rz. 240

Die Schädigung des USt-Aufkommens i. S. d. § 26c UStG erfordert zunächst den Vorsatz zur Tatbegehung.[5] Folglich muss der Täter es zumindest für möglich halten, dass

  • ein USt-Anspruch besteht, dem eine Rechnung zugrunde liegt, in der die USt offen ausgewiesen wurde,
  • die USt fällig ist,
  • die USt von ihm nicht im Fälligkeitszeitpunkt beglichen wird.
 

Rz. 241

Der Wille des Täters muss ferner auf Wiederholung der Tatbegehung gerichtet sein. Es ist allerdings aufgrund der subjektiven Prägung der Definition der Gewerbsmäßigkeit nicht erforderlich, dass es auch tatsächlich zur Wiederholung kommt, wenn die einzelne Handlung nur den nach der ursprünglichen Planung auf Wiederholung gerichteten Willen erkennen lässt.[6] Aufgrund der in der Praxis bzgl. des Vorliegens der Gewerbsmäßigkeit bei § 26c UStG bestehenden Beweisprobleme wird man jedoch i. d. R. erst beim zwei- oder dreimaligen Verstreichenlassen von Fälligkeitsterminen von gewerbsmäßigem Handeln ausgehen können.[7] Die Wiederholungsabsicht muss sich auf den verwirklichten Tatbestand, mithin die Schädigung des USt-Aufkommens beziehen.[8]

Es muss sich darüber hinaus nicht um eine ständige oder hauptsächliche Erwerbsquelle des Täters handeln.[9] Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter vorhat, aus seinem Tun ein "kriminelles Gewerbe"[10] oder eine ständig fließende Einnahmequelle zu machen. Jedoch muss es sich um eine Nebeneinnahmequelle von einiger Höhe und einigem Gewicht handeln[11], wobei auch die Ersparnis von Aufwendungen und mittelbare Vermögensvorteile genügen.[12] Nur geringfügige Nebeneinnahmen reichen hingegen nicht aus.[13]

Folglich handelt derjenige tatbestandsmäßig, der sich bewusst mehrmals durch die Nichtzahlung der USt einen Liquiditätsvorteil von einiger Höhe verschaffen wollte.[14] Regelmäßig wiederholte geringfügige Schädigungen des USt-Aufkommens aus Gefälligkeitsgründen erfüllen die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns hingegen nicht.[15]

 

Rz. 242

Aus der Übertragung der Definition der Gewerbsmäßigkeit aus dem allgemeinen Strafrecht in den Bereich des § 26c UStG ergeben sich allerdings Probleme. Die Absicht des Täters muss dann für eine strafbare Schädigung des USt-Aufkommens darauf gerichtet sein, wiederholt von ihm in Rechnungen ausgewiesene USt nach deren Anmeldung (Erklärung) bei der Finanzbehörde in der Absicht nicht zu zahlen, dadurch Steuern "zu sparen"[16], da auch in der Ersparnis von Steuern eine Einnahmequelle zu sehen ist. Da diese Definition neben Straftätern in Umsatzsteuerkarussellen auch andere säumige Steuerzahler erfasst, wird die Definition teilweise als zu weitgehend angesehen., wie derjenige Unternehmer, der seine Umsatzsteueranmeldungen zwar pünktlich einreicht, die daraus geschuldete Umsatzsteuer aber nicht bezahlen kann.

Dementsprechend kommt Nöhren[17] zu einer einschränkenden Auslegung, indem sie im Hinblick auf den Zufluss auf die vermeintlich unberechtigte Vorsteuererstattung des Rechnungsempfängers abstellt. Dieser Zusammenhang mag zwar im Einzelfall bestehen, er würde aber – insb. vor dem Hintergrund der strengen Rechtsprechung des EuGH zu den steuerlichen Folgen der Einschaltung eines "missing traders" – wohl nur bei Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers für den Leistenden zu einer Strafbarkeit nach § 26c UStG führen. Folglich vermag dieser Ansatz nicht zu überzeugen.[18]

 

Rz. 243

Teilweise wird in der Literatur aufgrund des weiten Anwendungsbereichs der gewerbsmäßigen Schädigung des USt-Aufkommens auch die Ansicht vertreten, dass § 26c UStG bei der gewerbsmäßigen Begehung auf solche Fälle zu beschränken ist, in denen der Kern des Vorwurfs darin liegt, dass der Täter gezielt das Mehrwertsteuersystem zur Liquiditätsschöpfung ausnützt.[19] Nach einer weiteren Ansicht sollen (nur) die Fälle von § 26c UStG erfasst sein, in denen ein Täter Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis in der Absicht erstellt, die dadurch fällig werdende Umsatzsteuer nicht oder nicht vollständig zu entrichten, um sich auf Dauer Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.[20]

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dadurch der Anwendungsbereich des § 26c UStG faktisch sehr stark und über den Willen des Gesetzgebers hinaus eingeschränkt wird, da sowohl ei...

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