1 Bedeutung

 

Rz. 1

Die Ersatzzwangshaft hat ebenso wie das Zwangsgeld, an dessen Stelle sie bei seiner Uneinbringlichkeit tritt, keinen Strafcharakter, sondern ist ein reines Beugemittel, das der Durchsetzung der zu erzwingenden Anordnung dient. Da sie das einschneidendste Zwangsmittel darstellt, lässt das Gesetz sie nur unter besonderen Voraussetzungen zu.

 

Rz. 2

Die Anordnung der Ersatzzwangshaft kommt nach § 334 Abs. 1 S. 1 AO nur gegenüber einer natürlichen Person in Betracht. Bei Zwangsgeldfestsetzungen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen ist die Anordnung der Ersatzzwangshaft ausgeschlossen[1]. Die Anordnung von Ersatzzwangshaft gegenüber deren gesetzlichen Vertretern oder Geschäftsführern ist zwar möglich, setzt aber voraus, dass auch die Zwangsgeldfestsetzung und die zugrunde liegende Anordnungsverfügung diesen gegenüber ergangen ist[2].

Die Anordnung der Ersatzzwangshaft ist nach § 316 Abs. 2 S. 3 AO ausgeschlossen, wenn das Zwangsgeld zur Erzwingung der Abgabe einer Drittschuldnererklärung festgesetzt worden ist.

[1] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 10; Kruse, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 334 AO Rz. 3.
[2] S. § 328 AO Rz. 9.

2 Voraussetzungen für die Anordnung der Ersatzzwangshaft

2.1 Vollstreckbare Zwangsgeldfestsetzung

 

Rz. 3

Die Anordnung der Ersatzzwangshaft setzt eine vollstreckbare Zwangsgeldfestsetzung voraus. Fraglich ist, ob es entsprechend § 251 Abs. 1 AO ausreicht, dass die Zwangsgeldfestsetzung vollziehbar ist[1] oder ob darüber hinaus die Bestandskraft der Zwangsgeldfestsetzung erforderlich ist[2]. U. E. kommt die Anordnung von Ersatzzwangshaft nur in Betracht, wenn die Zwangsgeldfestsetzung bestandskräftig ist. Denn mit dem Vollzug der Ersatzzwangshaft vor Bestandskraft der Zwangsgeldfestsetzung würden Tatsachen geschaffen, die auch bei einer späteren Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten[3].

 

Rz. 4

Die Zwangsgeldfestsetzung darf nicht verbraucht sein. Ist aufgrund einer Zwangsgeldfestsetzung bereits einmal Ersatzzwangshaft angeordnet worden, so ist das Zwangsmittel damit vollzogen. Die erneute Anordnung der Ersatzzwangshaft kann nur aufgrund einer "wiederholten"[4] Zwangsgeldfestsetzung erfolgen.

Die Zahlungsverjährung[5] des Zwangsgeldanspruchs schließt die Anordnung von Ersatzzwangshaft bzw. deren Vollstreckung aus[6]. Durch die Anordnung der Ersatzzwangshaft wird die Verjährung des Zwangsgeldanspruchs nicht nach § 231 Abs. 1 AO unterbrochen, weil sie keine Vollstreckungsmaßnahme zur Durchsetzung des Zwangsgeldanspruchs, sondern zur Durchsetzung der Anordnungsverfügung ist[7].

[1] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 334 AO Rz. 4; Zöllner, in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 334 AO Rz. 4.
[2] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 11.
[3] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 11.
[4] S. Vor §§ 328-336 AO Rz. 5.
[7] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 14.

2.2 Uneinbringlichkeit des Zwangsgelds

 

Rz. 5

Nach § 334 Abs. 1 S. 1 AO setzt die Anordnung der Ersatzzwangshaft voraus, dass das festgesetzte Zwangsgeld uneinbringlich ist. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn der Versuch der Vollstreckung des Zwangsgeldanspruchs nach §§ 259ff. AO erfolglos geblieben ist. Dies setzt voraus, dass die Finanzbehörde die Vollstreckungsmöglichkeiten in alle ihr bekannten Vermögensgegenstände des Pflichtigen ausgeschöpft hat oder dass der Versuch der Vollstreckung von vornherein aussichtslos erscheint[1]. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Pflichtige über der Finanzbehörde unbekannte Vermögensgegenstände verfügt, kann zur Feststellung der Uneinbringlichkeit die Abnahme der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 Abs. 1 und 3 AO erforderlich sein[2]. Wird eine gepfändete Forderung des Pflichtigen vom Drittschuldner bestritten, ist deren gerichtliche Geltendmachung aber jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Bestand der Forderung zweifelhaft ist[3]. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist nicht erforderlich.

[1] Kruse, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 334 AO Rz. 1; Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 334 AO Rz. 5; Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 14.
[2] Kruse, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 334 AO Rz. 1; Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 334 AO Rz. 5; Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 14.
[3] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 14.

2.3 Hinweis bei Androhung

 

Rz. 6

Die Ersatzzwangshaft kann nur angeordnet werden, wenn bei der Androhung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist[1]. Dem Pflichtigen sollen die ihm bei einer anhaltenden Pflichtverletzung drohenden Konsequenzen bereits vor der Festsetzung des Zwangsgelds vor Augen geführt werden. Fehlt der Hinweis, so scheidet die Haftanordnung wegen dieser Zwangsgeldfestsetzung aus[2]. Ein "bei Androhung" unterbliebener Hinweis kann nach dem Zweck und dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht nachgeholt werden[3]. Eine besondere Androhung des Haftantrags[4] ist nicht erforderlich, kann aber zweckmäßig sein.

[2] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 334 AO Rz. 6.
[3] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 334 AO Rz. 13.
[4] S. Rz. 8.

2.4 Fortbestehende Pflicht

 

Rz. 7

Die Ersatzzwangshaft kann nur angeordnet werde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge