1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 301 AO war § 354a RAO. Inhaltlich stimmt die Norm überein mit §§ 818, 819 ZPO,[1] die für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht verschiedene Teilaspekte des § 301 AO regeln.[2] Inhaltlich regelt § 301 Abs. 1 AO, wann die Versteigerung einzustellen ist. In § 301 Abs. 2 AO werden an die Entgegennahme des Erlöses bestimmte Rechtsfolgen geknüpft. Die verschiedenen Regelungen des § 301 AO dienen dabei primär dem Schutz des Schuldners vor einer übermäßigen Beeinträchtigung durch die Vollstreckung und sind damit Ausfluss des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.[3] Die Bestimmung wurde zuletzt geändert durch das Gesetz über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung v. 30.7.2009.[4]

[1] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, Kommentierungen zu §§ 818, 819 ZPO.
[2] Zur Rechtsentwicklung vgl. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 1f.
[3] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 2ff.
[4] BGBl I 2009, 2474, BStBl I 2009, 871; hierzu auch Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 1a.

2 Einstellung der Versteigerung

 

Rz. 2

Nach § 301 Abs. 1 AO wird die Versteigerung eingestellt, sobald der Erlös zur Deckung der beizutreibenden Beträge einschließlich der Kosten der Vollstreckung sowie etwaiger weiterer Beträge (Zinsen, Abgaben) ausreicht.[1] Damit ist Voraussetzung für eine Anwendung des § 301 AO, dass mehrere Pfandstücke vorhanden sind.[2] Zu beachten ist hierbei indes, dass bei einer Anschlusspfändung nach § 307 AO die Versteigerung bis zur Befriedigung des Anschlusspfandgläubigers fortzusetzen ist. Dies gilt zumindest dann, wenn zwischen der Anschlusspfändung und der Versteigerung die Wochenfrist nach § 298 Abs. 1 AO bereits verstrichen ist.[3]

 

Rz. 3

Die Einstellung der Versteigerung hat indes noch nicht das Erlöschen des Pfändungspfandrechts an den noch nicht versteigerten Sachen zur Folge. Dieses muss vielmehr vom Vollziehungsbeamten durch die Freigabe der Sachen aufgehoben werden. Auf die Aufhebung des Pfandrechts hat der Vollstreckungsschuldner einen Anspruch, wenn die Schuld getilgt ist. Mit der Einstellung der Versteigerung erlöschen lediglich alle Gebote, auf die kein Zuschlag erfolgt ist.[4]

 

Rz. 4

Wird entgegen § 301 AO die Versteigerung nicht eingestellt, kann dies eine Amtspflichtverletzung darstellen, sodass Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht kommen. Der Ersteigerer einer Sache, bei der die Versteigerung entgegen § 301 AO zu Unrecht erfolgt ist, erwirbt gleichwohl das Eigentum an der Sache.[5] Erst mit der Ablieferung des Gelds bei der Finanzkasse ist das Pfändungs- und Verwertungsverfahren beendet.[6] Ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Pfändung ist daher einzustellen. In Betracht kommt dann jedoch noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO, die die Rechtswidrigkeit der erledigten Pfändung feststellt.

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 7; Abschn. 54 Abs. 7 VollzA.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 6; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 301 AO Rz. 1; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 301 Rz. 2.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 301 AO Rz. 1.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 10.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 301 AO Rz. 11.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 301 AO Rz. 2.

3 Entgegennahme des Erlöses

 

Rz. 5

Wird der Erlös der Versteigerung an den Vollstreckungsbeamten gezahlt, tritt dieses Geld an die Stelle der versteigerten Sache.[1] Der Erlös geht also in das Eigentum des Schuldners über, während er sein Eigentum an den versteigerten Gegenständen verliert. Der Gläubiger des Schuldners erwirbt statt des Pfändungspfandrechts an den Sachen ein Pfändungspfandrecht an dem Erlös. Die Vollstreckung ist daher noch nicht abgeschlossen, es kann auch noch eine Anschlusspfändung erfolgen, auch kann die Vollstreckung noch eingestellt und die Pfändung aufgehoben werden.

 

Rz. 6

Der versteigernde Beamte hat von dem Erlös zunächst die Kosten der Versteigerung abzuziehen. Dies sind insbesondere Auslagen und Kosten der Versteigerung.[2] Der danach verbleibende Betrag steht dem Vollstreckungsgläubiger sowie etwaigen weiteren nachrangigen Gläubigern zu. Verbleibt ein Überschuss, ist dieser an den Gläubiger auszukehren. Die Entgegennahme des Gelds durch die versteigernde Person gilt als Zahlung; der Anspruch der Finanzbehörde an der zu pfändenden Forderung erlischt. Der Fiskus erwirbt das Eigentum an dem Geld allerdings erst durch die Ablieferung des Erlöses an die Finanzkasse[3] Geht das Geld zwischen der Entgegennahme durch den versteigernden Beamten und der Abführung an die Finanzkasse unter, trifft der Schaden den Pfändungsgläubiger, da die Forderung bereits erloschen ist.[4]

 

Rz. 7

Bei einer Versteigerung im Internet darf die Sache allerdings auch ausgehändigt werden, wenn die Zahlung auf einem Konto der Finanzbehörde gutgeschrieben ist.[5] Der neu eingefügte § 301 Abs. 2 S. 2 AO stellt hierzu klar, dass diese Gutschrift auf einem Konto auch als Zahlung i. S. d. § 301 Abs. 2 S. 1 AO gilt. Durch diese Klarstellung wird den...

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