Rz. 105h

Auch für Landes- und Kommunalarchive greift die Öffnungsregelung zum Steuergeheimnis durch § 30 Abs. 4 Nr. 2d AO. Danach ist die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten zulässig, soweit sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, soweit die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des BArchG im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist.

Nur formal ist hier also eine Öffnungsregelung entgegen § 30 Abs. 4 Nr. 2 und 2a AO auch durch Landes- und Kommunalrecht eröffnet. Inhaltlich wirkt die statische Begrenzung der Regelungsinhalte auf die Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 BArchG aber wie eine bundesrechtlich einheitliche Regelung, ohne formal in Gesetzgebungsrechte des Landesgesetzgebers oder des kommunalen Satzungsgebers einzugreifen.

 

Rz. 105i

Die ursprüngliche Normfassung des § 30 Abs. 4 Nr. 2d AO-E im Gesetzentwurf der Bundesregierung sah vor, dass die Landesfinanzbehörden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten an ein Landes- oder Kommunalarchiv zur Übernahme anbieten und abgeben dürfen, soweit dies der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient.[1] Eine bundesrechtlich einheitliche Vorgabe zur Auswertung des Archivguts war also über den allgemeinen Rahmen hinausgehend nicht vorgesehen. Vielmehr sollte den Ländern und Kommunen ein weitgehend eigenständiges Bestimmungsrecht über Auswertungsberechtigungen auch geschützter Daten eröffnet werden, was einen weitgehend eigenständigen Öffnungsrahmen für Landesgesetze und kommunale Satzungen geschaffen hätte. Dies wäre dann ein recht gravierender Eingriff in die Beschränkung von Öffnungsregelungen durch § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO gewesen, da dem Landesgesetzgeber und dem kommunalen Satzungsgeber eigene – auch inhaltliche – Gestaltungsrechte zur Beschränkung des Steuergeheimnisses gegeben worden wären. Zu den Risiken einer solchen Regelung siehe Rz. 102b.

Die einschränkenden Voraussetzungen der Beachtung und Sicherstellung bundesgesetzlicher Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 BArchG durch Landesgesetze oder kommunale Satzungen bei Abgabe geschützter Daten an Landes- oder Kommunalarchive wurden erst auf Anregung des Bundesrats in die Fassung des § 30 Abs. 4 Nr. 2d AO im Rahmen des JStG 2022 aufgenommen, um eine zu offene und unpräzise Nutzung der geschützten Daten zu vermeiden.[2] Insbesondere wollte der Bundesrat eine über bundesrechtlich einheitliche Regelungen hinausgehende Öffnung des Steuergeheimnisses durch Landesgesetze und kommunale Satzungen über das Vehikel des vorgesehenen Regelungsinhalts vermeiden. Gerade dieses Risiko wäre durch die im Regierungsentwurf vorgesehene alleinige Anknüpfung der Auswertungsregeln statistischer Daten bei Ländern und Kommunen durch die dynamische Verweisung auf maßgebende jeweils aktuelle Landesgesetze und kommunale Satzungen aber begründet worden.

Durch die statische Verweisung auf die bundesgesetzlich geregelten Datennutzungsbeschränkungen, der landesrechtliche und kommunale Archivierungsregelungen entsprechen müssen, wird einer freien Verwendung und Auswertung der archivierten Daten auch auf Landes- und Kommunalebene durch das weitergeleitete Steuergeheimnis eine Nutzungssperre entgegengesetzt. Gleichzeitig wird die Öffnungsmöglichkeit des Steuergeheimnisses durch Landesrecht und kommunale Satzungen weiterhin ausgeschlossen, soweit das einschlägige Landesrecht oder die einschlägige kommunale Satzung nicht ausschließlich die Beachtung der bundesrechtlichen Regelungen in §§ 6 und 10 bis 14 BArchG sicherstellt. So kann eine Datennutzung für unzulässige – ggf. politisch motivierte – Zwecke (vgl. Rz. 102b) auch dann ausgeschlossen werden, wenn ein Landesgesetzgeber oder kommunaler Satzungsgeber weitergehende Nutzungen archivierter oder zu archivierender geschützter Daten durch Änderung eigenen Rechts schaffen will.

 

Rz. 105j

Dass wegen der klaren Vorgabe der gesetzlichen Regelungen in § 30 Abs. 4 Nr. 2d AO eventuell einzelne vor Inkrafttreten der Norm am 21.12.2022[3] bereits bestehende landesgesetzliche Regelungen oder kommunale Satzungen hinsichtlich ihrer Archivierungsregeln den geltenden steuerverfahrensrechtlichen Regelungen angepasst werden müssen, um auch für geschützte Daten der Finanzbehörden Verwertungs- und Auswertungsberechtigungen statistischer Daten zu begründen, ist dabei notwendige Folge der bundeseinheitlich wirkenden Regelung. Über die aktuelle Regelung des § 30 Abs. 4 Nr. 2d AO ist nunmehr sichergestellt, dass eine Andienung und Abgabe von dem bundesgesetzlichen Steuergeheimnis unterliegenden Informationen und Daten an Landes- und Kommunalarchive nur zulässig ist, wenn dabei die Beachtung der ebenfalls bundesgesetzl...

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