1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen § 337 RAO.[1] Für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht findet sich in § 758a Abs. 4 ZPO eine entsprechende Bestimmung.[2] Ergänzende Ausführungen zu § 289 AO finden sich in Abschn. 10 VollzA.[3] Abschn. 10 Abs. 3 VollzA a. F., der bei der Nachtzeit zwischen Winter- und Sommerhalbjahr differenzierte, ist durch die Änderung der ZPO zum 1.7.2002, die eine einheitliche Definition der Nachtzeit festlegt, überholt und wurde in der Zwischenzeit aufgehoben. Der Sinn und Zweck des § 289 AO ist darin zu sehen, dass eine Vollstreckung zu einer unüblichen Zeit möglichst unterbleiben soll, um den Vollstreckungsschuldner nicht übermäßig zu belasten.[4]

[1] Zur Gesetzeshistorie s. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 1.
[2] Seibel, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 758a ZPO Rz. 33.
[3] BStBl I 1980, 194.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 3.

2 Vollstreckung zur Nachtzeit

 

Rz. 2

Eine Vollstreckung zur Nachtzeit hat grundsätzlich zu unterbleiben. Durch die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle v. 17.12.1997[1] wurde der Begriff der Nachtzeit nach der ZPO, auf die in § 289 AO Bezug genommen wird, einheitlich für das ganze Jahr neu bestimmt auf die Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

[1] BGBl I 1997, 3039.

3 Vollstreckung an Sonn- und Feiertagen

 

Rz. 3

Weitere Schutzzeiten bilden nach § 289 AO die Sonntage und die allgemeinen gesetzlichen Feiertage.[1] Nicht vom Schutz des § 289 AO umfasst werden damit die Samstage.[2] Welche Feiertage geschützt sind, regelt sich dabei nach Bundesrecht und ergänzend durch das jeweilige Landesrecht. Im ganzen Bundesgebiet sind Feiertage Neujahr, Karfreitag und Ostermontag, Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Tag der deutschen Einheit sowie der 1. und der 2. Weihnachtsfeiertag.[3] Vollstreckt werden darf damit ohne Beschränkungen an Heiligabend und an Silvester. Neben diese bundeseinheitlichen Feiertage treten die Feiertage, die nur in einzelnen Bundesländern oder Teilen von Bundesländern gesetzlicher Feiertag sind. Diese sind Heilige Drei Könige, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Reformationstag, Allerheiligen sowie der Buß- und Bettag (nur in Sachsen). Nicht geschützt durch § 289 AO werden die Feiertage anderer Religionsgemeinschaften.[4] U. U. hat der Vollziehungsbeamte aber bei der Auswahl der Vollstreckungszeit die Religion des Vollstreckungsschuldners zu beachten, wenn sie ihm bekannt sein sollte.[5] Eine Informationspflicht im Hinblick auf die Religion des Vollstreckungsschuldners besteht indes für die Vollstreckungsbehörde nicht.

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 12.
[2] S. auch Seibel, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 758a ZPO Rz. 33.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 289 AO Rz. 2.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 13; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 289 AO Rz. 3.
[5] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 289 AO Rz. 3.

4 Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde

 

Rz. 4

Wenn eine schriftliche oder elektronische Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde vorliegt, kann auch zur Nachtzeit oder an einem Sonn- oder Feiertag eine Vollstreckungshandlung vorgenommen werden. Eine richterliche Anordnung ist für diese Erlaubnis nicht erforderlich. Zuständig ist innerhalb der Vollstreckungsbehörde deren Leiter.[1] Hierbei entscheidet die Vollstreckungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Erlaubnis erteilt wird. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn die Vollstreckung zur Nachtzeit oder an einem Sonn- oder Feiertag aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls einen besseren Vollstreckungserfolg erwarten lässt. Denkbar ist etwa die Vollstreckung in einer Gaststätte oder auf Großmärkten zur Nachtzeit, da dort zur Nachtzeit regelmäßig das größte Geschäft getätigt wird.[2] Darüber hinaus sind aber auch das Interesse des Vollsteckungsschuldners an einem möglichst ungestörten Sonn- oder Feiertag zu berücksichtigen. Hier hat eine Interessenabwägung nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu erfolgen. Die Erlaubnis ist auch dann einzuholen, wenn der Vollziehungsbeamte damit rechnet, dass eine zur Tageszeit begonnene Vollstreckungshandlung sich bis in die Nacht hinziehen wird.[3]

 

Rz. 5

In der schriftlichen Erlaubnis muss dabei der Sonn- oder Feiertag, an dem die Vollstreckungshandlung vorgenommen werden soll, genau bezeichnet werden. Die Vollstreckung an einem anderen Sonn- oder Feiertag bedarf dann einer neuen Erlaubnis. In der Erlaubnis muss ebenso angegeben werden, an welchen Tagen zur Nachtzeit vollstreckt werden darf. Nach § 289 Abs. 2 AO ist die Erlaubnis auf Verlangen des Betroffenen bei der Vollstreckungshandlung vorzuzeigen. Dies dient der Legitimation der Vollstreckungshandlung[4], kann aber nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung sein.

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 14.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 289 AO Rz. 6; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 15.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 289 AO Rz. 178

5 Folgen eines Verstoßes

 

Rz. 6

Fehlt es an der schriftlichen oder elektronischen Erlaubnis, die Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit oder an einem Sonn...

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