Rz. 8

Das Wesen des Pfändungspfandrechts ist immer noch umstritten. Im Wesentlichen werden, wenn auch mit verschiedenen Abweichungen, dabei drei Theorien vertreten, deren Unterschiede in der Praxis allerdings von untergeordneter Bedeutung sind.[1]

 

Rz. 9

Die privat-rechtliche Theorie sieht das Pfändungspfandrecht als dritte Art privatrechtlicher Pfandrechte und nimmt volle Akzessorietät hinsichtlich der der Pfändung zugrunde liegenden Forderung an. Besteht die Forderung nicht oder wird ein nicht dem Vollstreckungsschuldner gehörender Gegenstand gepfändet, so soll das Pfandrecht nicht entstehen. Die gemischt privat-öffentlich-rechtliche Theorie, die wohl als h. M. in der zivilprozessualen Vollstreckung anzusehen ist, da sie insbesondere von den Zivilgerichten vertreten wird[2], sieht die Grundlage der Verwertung in der Verstrickung. Das Pfändungspfandrecht ist nur für die Frage von Bedeutung, ob dem Vollstreckungsgläubiger der Erlös zusteht. Fehlt eine Vollstreckungsvoraussetzung (Forderung, Eigentum des Vollstreckungsschuldners), soll das Pfandrecht nicht entstehen und dem Vollstreckungsgläubiger deshalb nach dieser Theorie auch nicht der Erlös zustehen.

 

Rz. 10

Die öffentlich-rechtliche Theorie sieht in dem Pfändungspfandrecht die Verwertungsgrundlage (s. Rz. 6). Dieses Pfandrecht entsteht mit der Pfändung unabhängig davon, ob die Forderung besteht und der Pfandgegenstand Eigentum des Vollstreckungsschuldners ist. Das Pfändungspfandrecht ist nicht akzessorisch. Die Verwertung allein aufgrund des Pfändungspfandrechts ist rechtmäßig. Dieser Theorie wird zu folgen sein, da sie sich schlüssig aus dem Gesetzestext herleiten lässt, indem die Wirkung der Pfändung allein an den Pfändungsvorgang angeknüpft wird.[3] Allerdings ergibt sich eine gewisse Inkonsequenz bei dieser Theorie, denn es muss zwischen Verwertungsbefugnis und dem Recht auf den Erlös differenziert werden. Besteht die Forderung im Zeitpunkt der Verwertung nicht oder nicht mehr, weil z. B. der Vollstreckungsschuldner zwischenzeitlich gezahlt hat, bzw. war der Pfandgegenstand nicht Eigentum des Vollstreckungsschuldners und ist die Verwertung erfolgt, ohne dass der Eigentümer widersprochen hat[4], so hat die Behörde den erzielten Erlös herauszugeben, jedoch nur nach Abzug aller Vollstreckungskosten.

[1] So auch Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 282 AO Rz. 8.
[2] BGH v. 2.7.1992, IX ZR 274/91, NJW 1992, 2570; so wohl auch BFH v. 18.7.2000, VII R 101/98, BStBl II 2001, 5; auch Becker, in Musielak/Voit, 17. Aufl. 2020, § 804 ZPO Rz. 5ff.
[3] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 804 ZPO Rz. 2; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 282 Rz. 3; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 282 AO Rz. 5; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 282 AO Rz. 8; a. A. wohl BFH v. 18.7.2000, VII R 101/98, BStBl II 2001, 5.

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