Rz. 6

Nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO weggefallen sind. Dies ist der Fall, wenn die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts nicht mehr besteht, da nur ein vollziehbarer Verwaltungsakt die Grundlage für die Vollstreckung nach der AO bilden kann. Die Vollziehbarkeit kann entfallen bei einer Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO bzw. § 69 Abs. 2 FGO[1] oder aufgrund eines Rechtsbehelfs im Rahmen einer Untersagung, einen Gewerbebetrieb oder Beruf auszuüben, der bereits ausnahmsweise mit seiner Einlegung die Vollziehung hemmt.[2] Nach allgemeiner Ansicht entfällt die Vollstreckbarkeit darüber hinaus auch, wenn eine Aufteilung einer Gesamtschuld nach §§ 268ff. AO vorgenommen worden ist, da nach § 278 AO die Vollstreckung insofern beschränkt ist.[3] Ergeht ein Jahressteuerbescheid, erledigt sich hierdurch der Vorauszahlungsbescheid in anderer Weise. Der Jahresbescheid tritt an die Stelle des Vorauszahlungsbescheids.[4]

 

Rz. 7

Bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen sind bei einer Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht aufzuheben, da § 257 Abs. 2 S. 2 AO nicht auf diese Alternative verweist. Insbesondere bleiben Pfändungspfandrechte erhalten.[5]

 

Rz. 8

Nicht geregelt ist in der AO, wie zu verfahren ist, wenn zwar ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde, über diesen aber noch nicht entschieden worden ist. Abschn. 5 Abs. 4 VollstrA bestimmt hierzu, dass die Vollstreckungsstelle über solche Anträge zu informieren ist, sodass diese dann darüber zu entscheiden hat, ob trotz des Antrags Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder bereits begonnene Vollstreckungsmaßnahmen weiter durchgeführt werden sollen. Vollstreckungsmaßnahmen sollen dabei nach der Regelung in den VollstrA nur dann eingeleitet oder fortgeführt werden, wenn die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung aussichtslos erscheinen, wenn sie offensichtlich nur den Zweck haben, das Vollstreckungsverfahren zu verzögern oder wenn Gefahr im Verzug ist.[6] Soweit diese Voraussetzungen, die die Finanzbehörde darzulegen hat, nicht vorliegen, ist die Entscheidung über den Antrag abzuwarten.[7] Diese Wartepflicht ist als angemessen anzusehen, weil die Vollstreckungsbehörde auch die Interessen des Vollstreckungsschuldners zu berücksichtigen hat und die ihr vom Gesetzgeber eingeräumte Machtposition nicht dazu nutzen darf, vollendete Tatsachen zu schaffen, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Vollziehung ausgesetzt wird. Ein solches Vorgehen trotz eines Antrags wäre ermessensfehlerhaft. Ihre Interessen kann die Finanzbehörde bei Gefahr im Verzug hingegen angemessen durchsetzen.

[1] S. ausführlich Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 257 AO Rz. 10ff.; Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 257 Rz. 2; BFH v. 12.6.1991, VII B 66/91, BFH/NV 1992, 156.
[2] S. § 361 Abs. 4 bzw. § 69 Abs. 5 FGO.
[3] Vgl. Abschnitt 5 Abs. 3 Satz 1 VollStR; s. zu den Folgen der Aufteilung auch § 278 AO Rz. 3.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 257 AO Rz. 4; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 257 Rz. 2; Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 257 AO Rz. 3.
[5] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 257 AO Rz. 46.
[6] S. auch Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 257 AO Rz. 11.
[7] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 257 Rz. 2.

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