Rz. 2

Vollstreckungsschuldner ist nach der Definition des § 253 AO derjenige, gegen den sich ein Vollstreckungsverfahren nach § 249 AO richtet. Der Begriff des Vollstreckungsschuldners ist damit verfahrensrechtlich und nicht materiell-rechtlich zu verstehen, da jeder, gegen den sich das Vollstreckungsverfahren richtet, Vollstreckungsschuldner ist.[1] Dies gilt auch dann, wenn eine Person zu Unrecht als Vollstreckungsschuldner durch die Vollstreckungsbehörden in Anspruch genommen wird.[2] Die verfahrensrechtliche Definition des Vollstreckungsschuldners ähnelt somit der gleichfalls verfahrensrechtlichen Definition des Vollstreckungsgläubigers in § 252 AO. Die Stellung als Vollstreckungsschuldner wird dadurch begründet, dass tatsächlich ein Vollstreckungsverfahren nach § 249 AO gegen eine bestimmte Person eingeleitet wird. Nicht ausreichend ist damit allerdings, dass eine Person zwar die möglichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens erfüllt, dieses aber noch nicht eingeleitet worden ist.[3]

 

Rz. 3

Vollstreckungsschuldner kann jede natürliche oder juristische Person sein, aber auch jedes übrige Gebilde, das steuerrechtsfähig i. S. d. jeweiligen Einzelsteuergesetzes ist. Eine Sonderregelung zur Vollstreckung bei einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung trifft § 267 AO, der § 735 ZPO ähnelt.[4]

 

Rz. 4

Vollstreckungsschuldner kann neben dem eigentlichen Steuerschuldner auch derjenige sein, der aufgrund eines Haftungs- oder Duldungsbescheids in Anspruch genommen wird.[5] Hierbei ist es unerheblich, ob die Haftung oder Duldung aufgrund eines steuerrechtlichen oder eines zivilrechtlichen Anspruchs der Steuerverwaltung erfolgt. Als Haftungsgrundlagen kommen dabei neben einzelsteuergesetzlichen Haftungsgrundlagen[6] vor allem §§ 69-75 AO, aber auch zivilrechtliche Bestimmungen, z. B. §§ 25, 128 HGB, in Betracht. Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn allein eine vertragliche Verpflichtung zur Haftung besteht. Eine solche Person kann nicht Vollstreckungsschuldner sein.[7] Auch der Drittschuldner ist kein Vollstreckungsschuldner.[8]

 

Rz. 5

Vollstreckungsschuldner kann gem. § 265 AO u. U. auch der Erbe sein, der als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers für dessen Steuerverbindlichkeiten einzustehen hat.[9] Der Vermächtnisnehmer ist zur Duldung nach §§ 2187 Abs. 3, 1992 BGB i. V. m. § 266 AO verpflichtet, wenn es sich um ein sog. beschwertes Vermächtnis handelt.[10] Gleichfalls zur Duldung verpflichtet sein können Nießbraucher gem. § 264 AO und Ehegatten nach § 263 AO. Erforderlich ist hierbei aber, dass die Pflicht zur Duldung besteht und auch tatsächlich ein Duldungsbescheid erlassen wird.[11] Ohne einen Duldungsbescheid wird die Stellung eines zur Duldung Verpflichteten als Vollstreckungsschuldner nicht begründet.[12]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 253 AO Rz. 1.
[2] So auch Abschn. 3 Abs. 1 VollstrA; Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 253 Rz. 2.
[3] Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 253 AO Rz. 17f.
[4] Zu Einzelheiten s. Erl. zu § 267 AO; zu § 735 ZPO vgl. Seibel, in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 735 ZPO Rz. 1ff.
[5] Abschn. 3 Abs. 2 VollStrA; so auch BGH v. 3.3.2005, III ZR 273/03, BFH/NV Beilage 2005, 272; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 253 AO Rz. 3.
[6] z. B. § 42d, § 48d EStG.
[8] Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 253 Rz. 3.
[9] Vgl. auch Abschn. 29-31 VollstrA; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 253 AO Rz. 3; zu Einzelheiten s. Erl. zu § 265 AO.
[10] Grüneberg/Edenhofer, BGB, 82. Aufl. 2023, Erl. zu § 2187 BGB.
[12] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 253 AO Rz. 3; a. A. Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 253 AO Rz. 13.

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