Rz. 74

Grundsätzlich gelten die allgemeinen steuerlichen Bestimmungen für die Veranlagung von Ehegatten auch dann, wenn über das Vermögen eines der Ehegatten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.[1] Damit ist grundsätzlich auch eine Zusammenveranlagung möglich.[2]. Allerdings verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht, die Masse zu verwalten und über sie zu verfügen. Unter diesen Verlust, die Masse zu verwalten und über sie zu verfügen, fällt auch das Recht, die Veranlagungsart frei zu wählen.[3] Die Art der Veranlagung hat nur vermögensrechtliche Auswirkungen, und es handelt sich nicht etwa um ein Recht, das aus dem Wesen der Ehe resultiert.[4] Damit kann es zu einer Zusammenveranlagung nur dann kommen, wenn der Schuldner, sein Ehegatte und der Insolvenzverwalter diese beantragen. Ansonsten erfolgt eine Einzelveranlagung. Der Anspruch auf Zusammenveranlagung ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Ehegatten gegen den Insolvenzverwalter zu richten.[5] Zur Ausübung des Veranlagungswahlrechts in der Insolvenz eines Ehegatten s. BFH v. 22.3.2011, III B 114/09 (NV), Haufe-Index 2681056. Es liegt kein Gestaltungsmissbrauch darin, wenn nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erstmalig das Recht auf getrennte Veranlagung (ab 2013 Einzelveranlagung) wahrgenommen wird.[6]

 

Rz. 75

Ein Verlustausgleich zwischen den Einkünften der Eheleute ist bei einer Zusammenveranlagung auch bei einer Insolvenz eines der Eheleute im gesetzlichen Rahmen voll möglich.[7] Dies gilt ebenso für einen Verlustabzug nach § 10d EStG. Da zusammenveranlagte Eheleute Gesamtschuldner nach § 44 AO sind, kann der Steuergläubiger wählen, welchen der Gesamtschuldner er in Anspruch nimmt. Hierdurch besteht die Möglichkeit, Steuerforderungen aus der Zeit vor der Insolvenz auch gegen den nicht insolventen Ehepartner geltend zu machen. Für solche Fälle eröffnet § 268 AO die Möglichkeit einer Aufteilung der Gesamtschuld.[8]

[1] Allgemein zu den verfahrensrechtlichen Besonderheiten Dißars, StB 1997, 340; zu Ehegatten in der Insolvenz vgl. Jatzke, in HHSp, AO/FGO, § 251 AO Rz. 351ff.; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 136ff.
[2] S. a. AEAO zu § 251 AO Rz. 9.1.2.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 251 AO Rz. 37a m. w. N.; BFH v. 27.10.2020, VIII R 19/18, DStR 2021, 534.
[5] BGH v. 18.11.2010, IX ZR 240/07, DStR 2011, 277; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 137.
[7] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 138.; s. auch Schöler, DStR 2013, 1453.
[8] S. Erl. bei Horn, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 268 AO; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 139.

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